Kant: Briefwechsel, Brief 312, An Marcus Herz.

     
           
 

 

 

 

 

 
  An Marcus Herz.      
           
  24. Dec. 1787.      
           
  Theurester Freund      
  Sie haben mich wiederum mit einer schönen Abhandl:, namlich      
  der von der frühen Beerdigung etc. beschenkt. Ich habe vergessen      
  zur rechten Zeit zu bestellen, daß Ihnen auch ein Exemplar      
  von meiner jetzt herausgekommenen Critik der pract. Vernunft      
  von Halle aus zugestellt werde, um doch die vielfältige Schuld, in      
  der ich wegen Ihrer vorigen litterarischen Geschenke stehe, einigermaaßen      
  auszugleichen; allein ich muß sehen ob es nicht noch geschehen      
  kan.      
           
  Hat nicht Hr. David Friedlaender an Sie etwas, wegen einer      
  hier erfundenen Spinnmaschine gelangen lassen, wovon ich ihm schrieb      
  und dabey mir Ihre gütige Mitwirkung erbat. Er hat mir, ob es      
  gleich schon einige Wochen her ist, nicht geantwortet. Sollte es ihm      
  etwa misfallen haben, daß ich, gleichsam als ob ich nicht voraussetzen      
  könnte, er sey in Berlin bekannt gnug, um durch bloße Aufschrift seines      
  Nahmens den Brief an ihn gelangen zu lassen, auf dem Couvert beygesetzt      
  hatte: berühmten jüdischen Negocianten. Es geschah      
  darum, weil ich nicht gewiß wußte, ob sein Nahme auch David sey      
  und, damit, bey etwanigem Misverstande, der Brief nicht etwa an ein      
  Christen, der wohl auch Friedländer heissen mögte, geriethe, diesen      
  Beysatz hinzu gefügt. Wenn Sie die Güte haben wollen ihn hierüber      
  zu sprechen, so bitte ihn um baldige Antwort zu ersuchen, ob in dieser      
  Sache etwas zu thun sey oder nicht.      
           
  Ich habe mich in meinen philosophischen Arbeiten in ein für mein      
  Alter ziemlich beschwerliches und weit hinaussehendes Geschäfte eingelassen;      
  aber ich finde darinn, vornemlich was den Rückstand betrift,      
  den ich jetzt bearbeite, so guten Fortgang und habe so gute Hofnung      
  die Sachen der Metaphysik in ein so sicheres Gleis zu bringen, da      
  mir dieses zur Aufmunterung und Stärkung dient, um meinen Plan      
  zur Vollendung zu bringen.      
           
  Ihrer freundschaftlichen aufrichtigen Zuneigung und Gewogenheit      
           
  empfehle mich ferner inständig und bin mit der größten Hochachtung      
  und herzlichem Antheil an Ihren Wohl      
           
    Ew. Wohlgeb.      
    ergebenster Diener      
  Koenigsberg I Kant      
  den 24 Dec. 1787        
           
           
           
     

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