Kant: Briefwechsel, Brief 273, An Ludwig Heinrich Iakob. |
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An Ludwig Heinrich Iakob. | |||||||
Königsberg den 26. May. 1786 | |||||||
Ew: Hochedelgeb. werthes Schreiben, welches mir ein durchreisender | |||||||
Candidat überbrachte, hat mir in Ansehung des Antheils, den Sie an | |||||||
meinen philosophischen Bemühungen nehmen, viel Vergnügen gemacht. | |||||||
Ich hoffe, es solle Sie künftig nicht reuen diese Parthey ergriffen zu | |||||||
haben, so viel Geschrey, zum Theil auch Cabale, jetzt auch noch dawieder | |||||||
ist; denn es liegt in der Natur der Menschen, sich so lange als möglich | |||||||
bey einem Wahne, in dem sie alt geworden, zu vertheidigen und | |||||||
man kan nur von jungen kraftvollen Männern erwarten, daß sie sich | |||||||
davon los zu machen Denkungsfreyheit und Herzhaftigkeit gnug haben | |||||||
werden. Ich bin eben jetzt damit beschäftigt, auf Ansuchen meines Verlegers | |||||||
eine zweyte Auflage der Critik, und mit ihr Aufhellung verschiedener | |||||||
Stücke derselben, deren Misdeutung alle bisherige Einwürfe | |||||||
hervorbrachte, zu veranstalten; nur ists mir verdrieslich, daß ein academisches | |||||||
weitläuftiges Geschäfte, welches dieses halbe Iahr auf mich | |||||||
gefallen, mir beynahe alle Zeit dazu raubt. Bis dahin muß ich schon | |||||||
alle schiefe, mit unter auch wohl hämische Urtheile, hingehen lassen; | |||||||
ihre Kraft wird von selbst wegfallen, wenn ihren falschen Deutungen | |||||||
der Vorwand benommen ist. - Was mein vorgebliches Versprechen | |||||||
betrift, Mendelssohns Morgenstunden zu wiederlegen, so ist es falsch | |||||||
und durch Misverstand in die Gothaische Zeitung gekommen. Ich | |||||||
habe auch jetzt keine Zeit dazu; daher, wenn Sie die Mühe übernehmen | |||||||
wollen, die Fruchtlosigkeit dieser Arbeit, der reinen Vernunft Grenzen | |||||||
auf dieser Seite zu erweitern, zu zeigen, Sie das Verdienst haben | |||||||
werden, das Nachdenken guter Köpfe auf eine Seite zu lenken, da sie | |||||||
besseren Erfolg hoffen können. Auch ist es gar nicht nöthig, mein | |||||||
Urtheil über diese Ihre Arbeit vorher einzuziehen, (wozu ich ausserdem | |||||||
jetzt kaum Zeit haben würde), ausser was S. 116 der Mendelss. Schrift | |||||||
betrift, über die ich, so bald Sie mir von Ihrem Vorsatze Nachricht | |||||||
zu geben belieben, eine hinreichende Zurechtweisung zuzusenden die | |||||||
Ehre haben würde. Ich bitte mich zu entschuldigen, wenn ich der | |||||||
Kürze der Zeit wegen hier endige und nichts mehr hinzusetze, als da | |||||||
ich mit vollkommener Hochachtung jederzeit sey: | |||||||
Ihr | |||||||
ergebenster Diener | |||||||
I Kant | |||||||
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