Kant: Briefwechsel, Brief 269, Von Friedrich Gottlob Born. |
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Von Friedrich Gottlob Born. | |||||||
7. Mai 1786. | |||||||
Wohlgebohrner Herr | |||||||
Hochgeehrtester Herr Professor! | |||||||
Ew. Wohlgeb. entschuldigen geneigtest, daß ich unbekannterweiße | |||||||
so frey bin, Sie mit gegenwärtigem Brief zu belästigen. Seit geraumer | |||||||
Zeit gehe ich mit dem Gedancken um, Ihre vortreflichen Schriften | |||||||
nach und nach in altes klaßisches Latein zu übersetzen. Meine Gründe | |||||||
dafür sind folgende: Wercke von dieser Art, die gewiß nicht iedes Iahrhundert | |||||||
erzeugt, und welche die wichtigsten Revolutionen im philosophischen | |||||||
Staate erwarten laßen, sind nicht nur werth den Ausländern | |||||||
bekannt zu werden, sondern können auch nicht früh genug denselben | |||||||
in die Hand geführt werden. Selten besizt ein Ausländer soviel | |||||||
Kenntniß der deutschen Sprache, daß er so tief gedachte Schriften im | |||||||
Original lesen und vollkommen verstehen könnte. Die gewöhnlichen | |||||||
Uebersetzer haben insgemein, außer einer sehr mittelmäßigen Sprachkenntniß, | |||||||
ganz keine Sachkenntniße, besonders wo es auf gründliche | |||||||
Philosophie ankömmt. Sie übersetzen daher seicht, unrichtig, räthselhaft | |||||||
und nicht selten offenbar widersinnig. Dazu kömmt, daß das | |||||||
alte klaßische Latein Iedermann leicht verständlich ist. Zur Probe | |||||||
wie etwa meine Uebersetzung ausfallen wurde, habe ich hier mein | |||||||
Inauguralprogramm beygefügt. Ich würde mit der Kritik der reinen | |||||||
Vernunft den Anfang machen, und so von Zeit zu Zeit die übrigen | |||||||
Ihrer meisterhaften Wercke bearbeiten. Ich bin aber nicht eher dazu | |||||||
berechtiget, biß ich von Ew. Wohlgeb. Erlaubniß erhalte. Genehmigen | |||||||
Sie meinen Einfall nicht; so ist es auf meiner Seite Pflicht, diesen | |||||||
Gedancken zu unterdrücken. Findet er aber Beyfall bey Ihnen, so erbitte | |||||||
ich mir baldigste Nachricht. Dießfalls wünschte ich zugleich, wenn | |||||||
Sie hier und da zur Kritik der reinen Vernunft kurze Zusäze und | |||||||
Erläuterungen, oder Zurechtweisungen gegen die Tiedemannischen, oft | |||||||
ganz unerheblichen, Einwürfe beyzufügen für dienlich erachteten, mir | |||||||
selbige gütigst mitzutheilen, damit ich sie an den gehörigen Orten in | |||||||
der Uebersetzung einschalten könnte. Würde Ihr Verleger sich dazu | |||||||
verstehen, auch die Uebersetzung in Verlag zu nehmen; so würde mir | |||||||
es um desto angenehmer seyn. Ich bitte übrigens um das Geschenck | |||||||
Ihrer besondren Gewogenheit, und um die geneigteste Erlaubniß, Ihnen | |||||||
zuweilen schriftlich meine Ergebenheit bezeugen zu dürfen, und verharre | |||||||
mit ungemeßner Hochachtung und Verehrung | |||||||
Ew. Wohlgeb. | |||||||
Leipzig | ganz gehorsamster Diener | ||||||
am 7 May | Friedrich Gottlob Born. | ||||||
1786 | |||||||
[ abgedruckt in : AA X, Seite 443 ] [ Brief 268 ] [ Brief 270 ] [ Gesamtverzeichnis des Briefwechsels ] |