Kant: Briefwechsel, Brief 232, An Theodor Gottlieb von Hippel.

     
           
 

 

 

 

 

 
  An Theodor Gottlieb von Hippel.      
           
  Königsberg den 9. Iul. 1784.      
           
  Ew. Wohlgeboren waren so gütig, der Beschwerde der Anwohner      
  am Schloßgraben, wegen der stentorischen Andacht der Heuchler im      
  Gefängnisse, abhelfen zu wollen. Ich denke nicht, daß sie zu klagen      
  Ursache haben würden, als ob ihr Seelenheil Gefahr liefe, wenn gleich      
  ihre Stimme beim Singen dahin gemäßigt würde, daß sie sich selbst      
  bei zugemachten Fenstern hören könnten (ohne auch selbst alsdann aus      
  allen Kräften zu schreien). Das Zeugniß des Schützen, um welches      
  es ihnen wohl eigentlich zu thun scheint, als ob sie sehr gottesfürchtige      
  Leute wären, können sie dessenungeachtet doch bekommen; denn der wird      
  sie schon hören, und im Grunde werden sie nur zu dem Tone herabgestimmt,      
  mit dem sich die frommen Bürger unserer guten Stadt in      
  ihren Häusern erweckt genug fühlen. Ein Wort an den Schützen,      
  wenn Sie denselben zu sich rufen zu lassen und ihm Obiges zur beständigen      
  Regel zu machen belieben wollen, wird diesem Unwesen auf      
  immer abhelfen, und denjenigen einer Unannehmlichkeit überheben,      
  dessen Ruhestand Sie mehrmalen zu befördern gütigst bemühet gewesen      
  und der jederzeit mit der vollkommensten Hochachtung ist      
           
  Ew. Wohlgeboren      
           
    gehorsamster Diener        
    I. Kant.        
           
           
           
           
     

[ abgedruckt in : AA X, Seite 391 ] [ Brief 231 ] [ Brief 233 ] [ Gesamtverzeichnis des Briefwechsels ]