Kant: Briefwechsel, Brief 218, An Friedrich Victor Leberecht Plessing. |
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An Friedrich Victor Leberecht Plessing. | |||||||
3. Febr. 1784. | |||||||
Ew: Hochedelgeb: | |||||||
habe die Ehre hiemit die Beläge | |||||||
wegen der von mir besorgten Geschäffte, zusammt den Briefen von | |||||||
den HEn Hamann und Brahl, zuzuschicken. Meine Antwort wäre | |||||||
eher erfolgt, wenn diese Briefe mir eher wären zugestellt worden, | |||||||
welches nur vorgestern geschehen ist. Wegen der durch HEn John, | |||||||
wie natürlich, sehr accurat abzutragender Gelder wollte ich wohl rathen, | |||||||
künftig alle Vorsicht zu gebrauchen, daß solche hier auch immer richtig | |||||||
und promt abgetragen werden. | |||||||
Für Ihren Osiris etc. sage den ergebensten Dank. Ihrem Urtheile, | |||||||
wegen der großen Weisheit und Einsicht der alten Aegypter, kan ich, | |||||||
aus Gründen, deren einen guten Theil mir schon HE Meiners vorgegriffen | |||||||
hat, nicht beystimmen, mehr aber der sinnreichen Vermuthung, | |||||||
daß Socrates nichts minderes als eine Staatsrevolution, durch den | |||||||
Versuch einer Religionsveränderung, beabsichtigtet habe. Es ist in | |||||||
diesem Buche manches neu und gut gedachtes, allein ich glaube, da | |||||||
eine gewisse Weitschweifigkeit und mehrmalige Wiederholung, (deren | |||||||
Ursache im Mangel eines vorangehenden abgemessenen Plans zu liegen | |||||||
scheint) da sie das Buch anschwellt und vertheuert, ihm und Ihrem | |||||||
Verleger nachtheilig werden könne; doch dieses bleibt Ihrer Beurtheilung | |||||||
des Geschmacks der Leserwelt überlassen. | |||||||
Von welcher Seite die Gefahr einer wiederum einbrechenden | |||||||
Schwarmerey und Unwissenheit drohen möge, kan ich nicht errathen, | |||||||
es müßten denn einige Logen seyn, wo mir aber die Gefahr nicht | |||||||
sonderlich groß zu seyn scheint, wie ich denn auch das Gefährliche, | |||||||
das darinn liegen soll, seine Gedancken darüber einander offenherzig | |||||||
mitzutheilen, nicht begreife und das letztere also gelegentlich von Ihrer | |||||||
Gefälligkeit erwarte. Ubrigens wünsche auf dem sehr unsicheren | |||||||
academischen Boden, dem Sie sich anvertrauen wollen, alles Glück. | |||||||
Kan es geschehen, daß Ihnen irgendwo junge auf Reisen zu führende | |||||||
Herren anvertrauet würden, so würde ein solcher Vorschlag ohne Bedenken | |||||||
vorzuziehen seyn. In allen Ihren Unternehmungen begleitet | |||||||
sie der aufrichtige, wiewohl freylich nur ohnmächtige Wunsch | |||||||
Ihres | |||||||
Koenigsberg | ergebenen Dieners | ||||||
den 3 Febr: 1784 | I Kant | ||||||
[ abgedruckt in : AA X, Seite 363 ] [ Brief 217 ] [ Brief 219 ] [ Gesamtverzeichnis des Briefwechsels ] |