Kant: Briefwechsel, Brief 203, Von Nathanael Gottlob Dosse. |
|||||||
|
|
|
|
||||
Von Nathanael Gottlob Dosse. | |||||||
26. Iuli 1783. | |||||||
Verehrungswürdigster Herr Professor | |||||||
Ich wills nicht unterlassen, auch nur mit ein paar Worten anzuzeigen, | |||||||
daß ich bey jedesmaliger Erinnerung der Unterstüzung, die | |||||||
ich als Verunglükter in Ihrer Stadt so wohl als auch auswärts | |||||||
durch Ihre Fürsprache fand, mich zugleich Ihrer mit Hochachtung und | |||||||
Dankbarkeit erinnert habe, und jederzeit erinnern werde. Immer werd | |||||||
ich Sie unter der Zahl der Ädlen, - der Weisen und Menschenfreunde, | |||||||
die ich auf der Reise hieher kennen zu lernen das Glück gehabt habe, | |||||||
vorzüglich hochschäzen und verehren. | |||||||
Für meine Bestimmung hat sich hier bisher kein Weg eröfnet. | |||||||
Zwar war veschiedentlich ein Anschein dazu da. Ich ging auf Anrathen | |||||||
des Rathsherrn Berens nach Petersburg, und predigte zur Probe. | |||||||
Allein, da man einen Mann von Ruf, und der bereits im Amt stünde, | |||||||
wünschte, da auch unterdeß Männer der Art in Vorschlag gekommen | |||||||
waren, so war meine Reise in der Art ohne Folgen; aber doch nicht | |||||||
ganz vergebens; denn Ein hochlöblicher Kirchenkonvent vergütete sie | |||||||
mir, vielleicht auch in andrer Rücksicht, mit 200 Rubel. Dafür bin | |||||||
ich auch Ihnen Dank schuldig. - Hier in Riga wurden mir durch | |||||||
Freunde verschiedene Conditionen angetragen, zu denen ich mich auch | |||||||
willig zeigte; aber, wann ich dann endlich Bescheid wissen wolte, waren | |||||||
die Anträge vergebens gewesen. - Zur lettischen Sprache fühl ich | |||||||
keinen Trieb, so wenig als zum Pastorat. Iene Bedenklichkeiten, über | |||||||
die ich auch mit Ihnen zu sprechen das Vergnügen hatte, verursachen | |||||||
mir diese Bedenklichkeit und Abneigung in Absicht des letztern. Verzeihen | |||||||
Sie, daß ich izt dessen erwähne. Aber ich muß gestehen, daß ich | |||||||
für izt zu schwach bin mich über jene Skrupel wegzusezen; und mich | |||||||
dünkt, es sey weise, der eignen Überzeugung zu folgen, solte sie auch | |||||||
in den Augen andrer irrig seyn. Sonst hätte ich nichts wider das | |||||||
Pastorleben; es solte mir gleich andern wohl behagen. - Hier wär, | |||||||
ich also wohl auch nichts nüze; und da der Sommer zu Ende geht, | |||||||
so dächte ich in kurzem etwan zu Schiffe auf Lübek und von da weiter | |||||||
nach Teutschland zu gehen. Freilich aufs Gerathewohl. Aber was | |||||||
kann ich thun? ich will doch gern die einsame und traurige Lage in | |||||||
der ich mich befinde abzuändern suchen, und für das übrige den | |||||||
Himmel walten lassen. - Von Herrn Professor Beseke, an den ich vor | |||||||
einiger Zeit geschrieben habe, ist mir noch keine Nachricht gegeben. | |||||||
Gern mögt, ich vernehmen, ob Sie mir einen Rath zu geben hätten. | |||||||
Allein wie darf ich hoffen? da ich nur noch kurze Zeit, etwan nur | |||||||
vierzehn Tage hier zu seyn gedenke. | |||||||
Ich empfehle mich wenigstens Ihrem geneigten Andenken, und | |||||||
bin mit wahrer Hochschäzung izt und lebenslang | |||||||
Verehrungswürdigster Herr Professor | |||||||
Ihr | |||||||
Riga d. 26 Iulius | |||||||
1783. | ganz ergebenster | ||||||
Nathanael Gottlob Dosse | |||||||
[ abgedruckt in : AA X, Seite 334 ] [ Brief 202 ] [ Brief 204 ] [ Gesamtverzeichnis des Briefwechsels ] |