Kant: Briefwechsel, Brief 182, An Iohann Friedrich Reichardt. |
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An Iohann Friedrich Reichardt. | |||||||
Koenigsberg d 22 October 1782. | |||||||
Wohlgebohrner Herr | |||||||
Geehrtester Freund. | |||||||
Vorgestern Abends traf hier HE. Professor Mangelsdorff ein und | |||||||
gestern zu Mittage machte ich mit ihm die erste persönliche Bekantschaft | |||||||
(durch Briefe, welche mir einige Besorgungen vor ihn auftrugen, | |||||||
waren wir schon vorher in gewisse Verbindung gekommen) an dem | |||||||
Tische des HEn. Oberburggraf v. Rohd. Der Unmuth, der ihm auf | |||||||
das stärkste in seinem Gesichte gemahlt war, ergoß sich in bittere | |||||||
Klagen; über die nicht erfüllte Verheissungen, die ihn bewogen hätten | |||||||
Halle zu verlassen und die ihm HE. D. Biester im Nahmen des HEn. | |||||||
Obercurators gegeben hätte: daß namlich, ausser denen in seiner Bestallung | |||||||
specificirten Gefällen, noch andere emolumente mit seiner | |||||||
Stelle verbunden wären, die wohl eben so viel austrügen. Gegen mich | |||||||
erklärte er: daß ihm HE. D. Biester in einem Briefe versichert hätte, | |||||||
von mir dieses mündlich vernommen zu haben. Nun kan dieses | |||||||
wohl nichts anderes bedeuten, als das, was ich Ew. Wohlgeb. mündlich | |||||||
zu eröfnen die Ehre hatte, als ich meinen Wunsch äußerte: daß Herr | |||||||
D. Biester diese Stelle annehmen möchte, indem ich glaubte, da | |||||||
erstlich die emolumente wegen gewisser oratorischer actuum , meinem | |||||||
Überschlage nach, wohl nahe an hundert Thaler kommen möchten | |||||||
(welches aber füglich vor übernehmung des Amts näher hätte erkundigt | |||||||
werden müssen) zweytens und vorzüglich daß, da HE D. Biester | |||||||
Doctor Iuris ist, es ihm wohl gelingen möchte, die Professionem ordinariam | |||||||
tertiam der Iuristenfacultät die durch den Tod des seel: | |||||||
D. Braun erledigt worden, die zwischen 4 und 500 fl preuß: trägt, | |||||||
mit seiner Stelle zu verbinden (der bestimmte Ertrag hätte auch vorher | |||||||
einberichtet werden müssen) und so der Gehalt, meinem Ueberschlage | |||||||
nach, vor Hrn. D. Biester wohl zwischen 500 und 600 rthlr. gesteigert | |||||||
werden könne. Ob nun HE. Biester diese lediglich sich auf | |||||||
Ihn und zwar noch mit Ungewisheit bezogene Hofnung durch Vergessenheit | |||||||
mit dem Ertrage der historischen Stelle verwechselt hat und | |||||||
dadurch veranlaßt worden, Hrn Mange[l]sdorff diese Einkunft zu versprechen, | |||||||
oder, woher die Irrung kommen möge, weiß ich nicht; bitte | |||||||
aber ganz ergebenst Sich an diesen in unserer Unterredung vorgekommenen | |||||||
Umstand gütigst zu erinnern und mich dadurch bey HE. D. Biester | |||||||
ausser allen Verdacht zu bringen, als hätte ich an diesem Misverständnisse | |||||||
irgend einige Schuld. Sie werden mich sehr verbinden, wenn | |||||||
Sie mich hierüber mit einer baldigen Antwort beehren wollen, als | |||||||
Ihren alten Freund und ergebensten Diener | |||||||
I Kant. | |||||||
[ abgedruckt in : AA X, Seite 290 ] [ Brief 181 ] [ Brief 183 ] [ Gesamtverzeichnis des Briefwechsels ] |