Kant: AA XXIII, V. Vorarbeiten zum Öffentlichen ... , Seite 348 |
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01 | Es ist merkwürdig, daß man die bloße willkührliche Begnadigung der | ||||||
02 | Gerechtigkeit als dem höchsten Heiligthum so zuwieder gefunden hat daß | ||||||
03 | man sich auch solche als auf dem Lande liegende Blutschuld die immer um | ||||||
04 | Rache schrie vorstellte. - Die Theologen haben es so unthunlich gefunden | ||||||
05 | daß Verbrechen unbestraft dahin gehen sollten daß sie lieber annahmen | ||||||
06 | ein unschuldiger könne sie (für Andere) über sich nehmen um nur die Gerechtigkeit | ||||||
07 | zu befriedigen oder die Kinder müßten die Schuld ihrer Ältern | ||||||
08 | büßen. | ||||||
09 | Die gemischte Staatsverfassung ist die wo die exsecutive Gewalt das | ||||||
10 | Volk zusammen beruft um sich seine repräsentanten zu wählen also eine | ||||||
11 | vom Könige als Oberhaupt der nicht gewählt wird sondern aus Geburtsrecht | ||||||
12 | Oberhaupt ist ausgehende der die Gewalt hat sich erbliche Aristocraten | ||||||
13 | einzusetzen zwischen denen und den Volksdeputirten ein Streit | ||||||
14 | seyn soll durch dessen Übergewicht der König bevollmächtigt wird ein | ||||||
15 | Gesetz zu geben. Diese Staatsform ist von den Regierungsprincipien | ||||||
16 | welche doch daraus allererst entspringen sollten abhängig. | ||||||
17 | Verbrechen ungestraft zu machen. Verdienst unbelohnt zu lassen | ||||||
18 | geht an. | ||||||
19 | Das Begnadigungsrecht ist ein Recht Strafen zu erlassen. Nun kann | ||||||
20 | dieses nicht auf Erlassung der Strafe wegen des Unrechts seyn welches | ||||||
21 | sich die Unterthanen einander zugefügt haben denn die Straflosigkeit der | ||||||
22 | Verbrechen im Volk (impunitas criminis) ist das höchste Unrecht was einem | ||||||
23 | Volk wiederfahren kann. Also kann es nur ein Verbrechen des Unterthans | ||||||
24 | gegen das Oberhaupt des Staats seyn (crimen laesae majestatis) welches | ||||||
25 | dieser Verzeihen kann weil und so fern es ihn nur selbst betrifft. Ist es | ||||||
26 | aber auch für das Volk gefährlich so kann es sofern nicht straflos seyn. Dies | ||||||
27 | ist das einzige eigentliche Majestätsrecht: einen Act der exsecutiven | ||||||
28 | Gewalt auszuüben der Unrecht seyn kann. | ||||||
29 | LBl F 18 R II 348-354 |
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30 | Zweite Seite |
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31 | Das ius sociale macht kein besonderes Recht noch weniger einen | ||||||
32 | besondern rechtlichen Statum aus denn es kann auch societas pactitia in | ||||||
33 | statu naturali seyn. | ||||||
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