Kant: AA XX, Vorredeentwürfe zur ... , Seite 436 |
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01 | einer oder der anderen dieser beyden Religionslehren als gehörig angesehen | ||||||
02 | werden solle. Daß dieses nicht der biblische Theologe sein könne | ||||||
03 | ist klar. Denn wenn derjenige der Gewalt hat zugleich selbst sollte wählen | ||||||
04 | können was und wen er unter seinen Gerichtszwang zu ziehen habe so | ||||||
05 | wäre an kein Recht weiter zu denken. Würde aber der Philosoph die Befugnis | ||||||
06 | haben zu wählen so würde er gar keinen Gerichtszwang in Ansehung | ||||||
07 | öffentlicher Glaubenslehren einräumen von dem hier doch vorausgesetzt | ||||||
08 | wird, daß ihn der Staat angeordnet habe. Es muß also eine | ||||||
09 | dritte Autorität seyn von der man annehmen kan daß sie an beyden | ||||||
10 | (der biblischen so wohl als philosophischen Theologie) als Wissenschaften | ||||||
11 | gleichen Antheil nehme um zu verhüten, daß keine durch unmäßige Ansprüche | ||||||
12 | die andere vergewaltige und schmälere damit jede in ihrer Art | ||||||
13 | freyes Wachsthum habe. Dieses kan nun kein anderer als eine Universität | ||||||
14 | seyn welche (selbst der buchstablichen Bedeutung nach) eine Gesellschaft | ||||||
15 | ist welche auf das Ganze der Wissenschaften und der Erhaltung | ||||||
16 | ihrer Organisation sieht die jede einzeln so fern in Schranken setzt als | ||||||
17 | sie der andern den Raum ihrer Ausbreitung benähme. Sie wird aber | ||||||
18 | dieses durch ihre Facultäten als so viele obere Beamte der Gebiete | ||||||
19 | thun in welche das Reich der Wissenschaften eingetheilt ist. | ||||||
01 anderen bisher oberer Rand der 6. Seite, das Folgende Seitenrand. | |||||||
03 selbst g.Z., erst: eben sollte δ be | |||||||
04 zu ziehen habe erste Fassung: ziehen sollte | |||||||
07 öffentlicher δ Religions | |||||||
10 Theologie δ gle | |||||||
12 die andere g.Z. | |||||||
13 freyen statt: freyes | |||||||
15 Wissenschaften δ: und diejenige | |||||||
15-16 und — ihrer g.Z. | |||||||
16 einzeln lies: einzelne? | |||||||
17 benähme δ: zu bewahren die Verbindlichkeit auf sich hat. | |||||||
18 Gebiete g.Z., erst: Gouvernements | |||||||
19 in welche erst: in die des Das Bisherige in erster, den Haupttext der Seite bildender, δ-Fassung: | |||||||
Es ist1) eine wichtige Angelegenheit des gelehrten gemeinen Wesens (zu welchem die biblische Theologen gleichfalls gehören) zu verhüten nicht allein daß die Gräntzen der Wissenschaften nicht in einander laufen sondern auch daß nicht eine (durch fremde Autorität verstärkt)2) den Wachsthum einer anderen Wissenschaft hemme und zurücksetze. — Zu der ersteren Absicht ist erforderlich daß man jede Wissenschaft so weit es ihre Natur3) erlaubt isolire und nichts fremdartiges hineintrage wie z.B. in die philosophische Theologie nicht eigentliche Offenbahrungslehren oder in die biblische4) philosophische Theorien einmische, damit jede für sich ein Ganzes ihrer Art sey. Die zweyte5) Warnung aber gründet sich auf die Absicht daß alle6) Wissenschaften7) mit einander in naher oder entferneter Verwandtschaft stehen und wiederum8) gleichsam ein (obzwar für uns kaum zu übersehendes) großes Gantze9) auszumachen bestimmt so daß die Schmälerung der einen zum vermeynten Vortheil der andern über kurz oder lang diese unvermeidlicher weise mit in Verfall bringt. | |||||||
Dieses letztere Übel zu verhindern haben wir keine andere und schicklichere Anstalt als die der Universitäten als die nicht blos durch ihre Eintheilung in Facultäten die Vermischung der Gränzen der Wissenschaft zu verhüten sondern vornehmlich indem sie aufs Ganze des wissenschaftlichesn Körpers und dessen größtmöglichen Wachsthum ihr Augenmerk richten10) können keiner Wissenschaft durch die ruhmredige Ansprüche der andern die jene gemeiniglich im Werthe herabsetzt Abbruch zu thun erlaubt und darum in dem Streit ob z.B. eine Schrift zur biblischen oder nur zur philosophischen Theologie und für deren Beurtheilung gehöre allein rechtskräftig zu entscheiden befähigt ist, welches letztere dadurch geschieht daß diejenige Facultät welche es mit der durch öffentliche11) Gesetze begünstigten Wissenschaft12) zu thun hat sich erklärt keinen Anspruch auf ein solches Product machen zu können13), da alsdann die Censur blos dem philosophischen Departement anheim fällt. — Wollte man von diesem Princip abgehen so würden wir in kurzem gar keine Philosophie mehr haben14) wenn die Censoren der15) statutarischen Glaubensschriften zugleich die Befugnis hätten16) sich auszuwählen was sie ihrer Censur unterwerfen oder der Philosophie überlassen wollen welche dann17) vorerst aller philosophischen Theologie weil ihre Prüfung Mühe macht18) bald ein Ende machen würden | |||||||
1) ist δ aber | |||||||
2) verstärkt) δ nicht | |||||||
3) Natur δ mit (ent? unt?) | |||||||
4) biblische δ (g.Z. am Rande): eine | |||||||
5) zweyte δ Absicht aber ist | |||||||
6) alle g.Z. | |||||||
7) Wissenschaften δ an | |||||||
8) wiederum g.Z. | |||||||
9) großes Gantze g.Z., erst: System | |||||||
10) richten δ allein befugt können g.Z. | |||||||
11) öffentliche g.Z. | |||||||
12) Wissenschaft g.Z. am Rande. | |||||||
13) Kommapunkt. | |||||||
14) haben (versehentlich?) besonders durchstrichen | |||||||
15) der g.Z., erst: auch (?) | |||||||
16) hätten δ zu best | |||||||
17) dann δ in kurzem | |||||||
18) weil — macht g.Z. am Rande. | |||||||
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