Kant: AA XX, Preisschrift über die ... , Seite 325 |
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01 | Sinnenvorstellungen, Dinge zu erkennen, verstanden wird, so wird dadurch | ||||||
02 | gar nicht bestimmt, auf welche Art überhaupt in ihm (z.B. in Gott oder | ||||||
03 | einem andern höhern Geiste) dergleichen Erkenntniß möglich sey, und die | ||||||
04 | Aufgabe ist alsdenn unbestimmt. | ||||||
05 | Was dagegen den Menschen betrifft, so besteht ein jedes Erkenntniß | ||||||
06 | desselben aus Begriff und Anschauung. Jedes von diesen beyden ist | ||||||
07 | zwar Vorstellung, aber noch nicht Erkenntniß. Etwas sich durch Begriffe, | ||||||
08 | d.i. im Allgemeinen, vorstellen, heißt denken, und das Vermögen zu | ||||||
09 | denken, der Verstand. Die unmittelbare Vorstellung des Einzelnen ist die | ||||||
10 | Anschauung. Das Erkenntniß durch Begriffe heißt discursiv, das in | ||||||
11 | der Anschauung intuitiv; in der That wird zu einer Erkenntniß beydes | ||||||
12 | mit einander verbunden erfordert, sie wird aber von dem benannt, | ||||||
13 | worauf, als den Bestimmungsgrund desselben, ich jedesmal vorzüglich | ||||||
14 | attendire. Daß beyde empirische, oder auch reine Vorstellungsarten seyn | ||||||
15 | können, das gehört zur specifischen Beschaffenheit des menschlichen | ||||||
16 | Erkenntnißvermögens, welches wir bald näher betrachten werden. Durch | ||||||
17 | die Anschauung, die einem Begriffe gemäß ist, wird der Gegenstand | ||||||
18 | gegeben, ohne dieselbe wird er blos gedacht. Durch diese bloße Anschauung | ||||||
19 | ohne Begriff wird der Gegenstand zwar gegeben, aber nicht | ||||||
20 | gedacht, durch den Begriff ohne correspondirende Anschauung wird er | ||||||
21 | gedacht, aber keiner gegeben, in beyden Fällen wird also nicht erkannt. | ||||||
22 | Wenn einem Begriffe die correspondirende Anschauung a priori beygegeben | ||||||
23 | werden kann, so sagt man: dieser Begriff werde construirt; ist | ||||||
24 | es nur eine empirische Anschauung, so nennt man das ein bloßes Beyspiel | ||||||
25 | zu dem Begriffe; die Handlung der Hinzufügung der Anschauung zum | ||||||
26 | Begriffe heißt in beiden Fällen Darstellung (exhibitio) des Objects, ohne | ||||||
27 | welche (sie mag nun mittelbar, oder unmittelbar geschehen) es gar kein | ||||||
28 | Erkenntniß geben kann. | ||||||
29 | Die möglichkeit eines Gedankens oder Begriffs beruht auf dem | ||||||
30 | Satze des Widerspruchs, z.B. der eines denkenden unkörperlichen Wesens | ||||||
31 | (eines Geistes). Das Ding, wovon selbst der bloße Gedanke unmöglich | ||||||
32 | ist (d.i. der Begriff sich widerspricht), ist selbst unmöglich. Das Ding | ||||||
33 | aber, wovon der Begriff möglich ist, ist darum nicht ein mögliches Ding. | ||||||
34 | Die erste Möglichkeit kann man die logische, die zweyte die reale Möglichkeit | ||||||
35 | nennen; der Beweis der letztern ist der Beweis der objectiven Realität | ||||||
36 | des Begriffs, welchen man jederzeit zu fordern berechtigt ist. Er kann | ||||||
37 | aber nie anders geleistet werden, als durch Darstellung des dem Begriffe | ||||||
38 | correspondirenden Objects; denn sonst bleibt es immer nur ein Gedanke, | ||||||
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