Kant: AA XX, Preisschrift über die ... , Seite 320 |
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01 | das ist die Entdeckung, daß zwar die Sätze a priori, die sich auf die letztere | ||||||
02 | einschränken, nicht allein wohl zusammenstimmen, sondern gar ein System | ||||||
03 | der Naturerkenntniß a priori ausmachen, jene dagegen, welche die Erfahrungsgrenze | ||||||
04 | überschreiten, ob sie zwar eines ähnlichen Ursprungs zu | ||||||
05 | seyn scheinen, theils unter sich, theils mit denen, welche auf die Naturerkenntniß | ||||||
06 | gerichtet sind, in Widerstreit kommen und sich unter einander | ||||||
07 | aufzureiben, hiemit aber der Vernunft im theoretischen Felde alles | ||||||
08 | Zutrauen zu rauben, und einen unbegränzten Scepticism einzuführen | ||||||
09 | scheinen. | ||||||
10 | Wider dieses Unheil gibt es nun kein Mittel, als daß die reine Vernunft | ||||||
11 | selbst, d.i. das Vermögen überhaupt a priori etwas zu erkennen, | ||||||
12 | einer genauen und ausführlichen Kritik unterworfen werde, und zwar so, | ||||||
13 | daß die Möglichkeit einer reellen Erweiterung der Erkenntniß durch dieselbe | ||||||
14 | in Ansehung des Sinnlichen und ebendieselbe, oder auch, wenn sie | ||||||
15 | hier nicht möglich seyn sollte, die Begrenzung derselben in Ansehuhg des | ||||||
16 | Übersinnlichen eingesehen, und, was das letztere, als den Zweck der | ||||||
17 | Metaphysik betrifft, dieser der Besitz, dessen sie fähig ist, nicht durch gerade | ||||||
18 | Beweise, die so oft trügerisch befunden worden, sondern durch Deduction | ||||||
19 | der Rechtsame der Vernunft zu Bestimmungen a priori gesichert werde. | ||||||
20 | Mathematik und Naturwissenschaft, so fern sie reine Erkenntniß der Vernunft | ||||||
21 | enthalten, bedürfen keiner Kritik der menschlichen Vernunft überhaupt. | ||||||
22 | Denn der Probierstein der Wahrheit ihrer Sätze liegt in ihnen | ||||||
23 | selbst, weil ihre Begriffe nur so weit gehen, als die ihnen correspondirenden | ||||||
24 | Gegenstände gegeben werden können, anstatt daß sie in der Metaphysik | ||||||
25 | zu einem Gebrauche bestimmt sind, der diese Grenze überschreiten | ||||||
26 | und sich auf Gegenstände erstrecken soll, die gar nicht, oder wenigstens | ||||||
27 | nicht in dem Maße, als der intendierte Gebrauch des Begriffs es erfordert, | ||||||
28 | d.i. ihm angemessen gegeben werden können. | ||||||
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