Kant: AA XX, Preisschrift über die ... , Seite 272 |
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01 | ist. — Nun sind die reinen Verstandesbegriffe von in der Anschauung | ||||||
02 | gegebenen Gegenstände überhaupt eben dieselbe logische Functionen, | ||||||
03 | aber nur so fern sie die synthetische Einheit der Apperception des in einer | ||||||
04 | Anschauung überhaupt gegebenen Mannigfaltigen a priori vorstellen; | ||||||
05 | also konnte die Tafel der Kategorien, jener logischen parallel, vollständig | ||||||
06 | entworfen werden, welches aber vor Erscheinung der Kritik der reinen | ||||||
07 | Vernunft nicht geschehen war. | ||||||
08 | Es ist aber wohl zu merken, daß diese Kategorien, oder, wie sie sonst | ||||||
09 | heißen, Prädicamente, keine bestimmte Art der Anschauung (wie etwa | ||||||
10 | die uns Menschen allein mögliche), wie Raum und Zeit, welche sinnlich | ||||||
11 | ist, voraussetzen, sondern nur Denkformen sind für den Begriff von | ||||||
12 | einem Gegenstande der Anschauung überhaupt, welcher Art diese auch | ||||||
13 | sey, wenn es auch eine übersinnliche Anschauung wäre, von der wir uns | ||||||
14 | specifisch keinen Begriff machen können. Denn wir müssen uns immer | ||||||
15 | einen Begriff von einem Gegenstande durch den reinen Verstand machen, | ||||||
16 | von dem wir etwas a priori urtheilen wollen, wenn wir auch nachher | ||||||
17 | finden, daß er überschwenglich sey und ihm keine objective Realität verschafft | ||||||
18 | werden könne, sodaß die Kategorie für sich von den Formen der | ||||||
19 | Sinnlichkeit, Raum und Zeit, nicht abhängig ist, sondern auch andre | ||||||
20 | für uns gar nicht denkbare Formen zur Unterlage haben mag, wenn | ||||||
21 | diese nur das Subjective betreffen, was a priori vor aller Erkenntniß | ||||||
22 | vorhergeht, und synthetische Urtheile a priori möglich macht. | ||||||
23 | Noch gehören zu den Kategorien, als ursprünglichen Verstandesbegriffen, | ||||||
24 | auch die Prädicabilien, als aus jener ihrer Zusammensetzung | ||||||
25 | entspringende, und also abgeleitete, entweder reine Verstandes-, oder | ||||||
26 | sinnlich bedingte Begriffe a priori, von deren ersteren das Daseyn als | ||||||
27 | Größe vorgestellt, als d.i. Die Dauer, oder die Veränderung, als Daseyn | ||||||
28 | mit entgegengesetzten Bestimmungen, von den andern der Begriff | ||||||
29 | der Bewegung, als Veränderung des Ortes im Raume, Beyspiele | ||||||
30 | abgeben, die gleichfalls vollständig aufgezählt, und in einer Tafel systematisch | ||||||
31 | vorgestellt werden könnten. | ||||||
32 | Die Transscendentalphilosophie, d.i. die Lehre von der Möglichkeit | ||||||
33 | aller Erkenntniß a priori überhaupt, welche die Kritik der reinen Vernunft | ||||||
34 | ist, von der itzt die Elemente vollständig dargelegt worden, hat zu ihrem | ||||||
35 | Zweck die Gründung einer Metaphysik, deren Zweck wiederum als | ||||||
36 | Endzweck der reinen Vernunft, dieser ihre Erweiterung von der Grenze | ||||||
37 | des Sinnlichen zum Felde des Übersinnlichen beabsichtiget, welches ein | ||||||
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