Kant: AA XIX, Erläuterungen zu G. Achenwalls Iuris ... , Seite 593 |
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01 | er allerdings seines Rechtes verlustig geworden) das bürgerliche | ||||||
02 | Band aufgelöset ist, so haben die Aufrührer darum nicht sogleich ein neues. | ||||||
03 | Alte obrigkeiten haben ihr Ansehen, welches sich auf eine comission des | ||||||
04 | oberhaupts gründete, verloren. Es soll nunmehr eine neue Autorität entspringen, | ||||||
05 | oder es muß vielmehr eine schon daseyn, um die form der Gleichheit | ||||||
06 | zu wege zu bringen, die zur freyen Einrichtung nöthig ist. Aber da | ||||||
07 | macht die größere Gewalt die Einrichtung. | ||||||
8048. ψ3--4. J 174. |
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09 | Endlich frägt es sich, ob, wenn ein Souverän die ganze Nation zusammenberuft | ||||||
10 | und sie sich vollständig repräsentiren läßt, er alsdann die | ||||||
11 | Rechte eines Souverains in dieser Zeit behalte? Er ist war nichts mehr | ||||||
12 | als Stellvertreter, Statthalter, mit welchem das Volk nicht Contract gemacht | ||||||
13 | hat sondern ihm blos seine Rechte zu vertreten aufgetragen hat. | ||||||
14 | So lange er dieses thut, kann er alle Bewegungen des Volks hindern, dadurch | ||||||
15 | sie sich zu constituiren Vorhabens sind. Hat er sie aber einmal zusammen | ||||||
16 | berufen und constituiren sie sich, so ist seine Autorität nicht allein | ||||||
17 | suspendirt, sondern sie kann gar aufhören, wie das Ansehen eines jeden | ||||||
18 | repraesentanten, wenn sein Machtgeber selbst gegenwärtig ist. | ||||||
8049. ψ3--4. J 174. |
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20 | Zwischen dem Souverain und dem Volk findet kein pactum statt, | ||||||
21 | welches eine Bedingung enthielte, deren Nichthaltung einen theil berechtigte, | ||||||
22 | dasselbe aufzuheben. Denn in der Überlassung der Allgewalt ist | ||||||
23 | schon die renunciation auf alle Befugnisse der Wiedersetzung enthalten. | ||||||
24 | Es ist also kein contract sondern ein pactum gratuitum (g kein contract ) | ||||||
25 | und auch als ein expressum wäre es illicitum. Es ist also tacitum, weil | ||||||
26 | das Volk sich unvermögend fühlt, sich selbst zu beherrschen. --- Wenn aber | ||||||
27 | der monarch als Souverain sich selbst unvermögend fühlt, den Staat zu | ||||||
28 | erhalten und beruft das Volk durch seine repraesentanten den Staat zu | ||||||
29 | erhalten, so ist dieses wiederum kein contract sondern, da er nur Stellvertreter | ||||||
30 | des Volks war, eine Niederlegung seiner Würde. | ||||||
8050. ψ1--2? χ?? J 188. |
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32 | Der souverain thut als tyrann auch Unrecht und ihm geschieht also | ||||||
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