Kant: AA XIX, Erläuterungen zu A. G. Baumgartens ... , Seite 165 |
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01 | Wenn allererst bekant ist, was gut sey, so ist Vollkommenheit die fülle des | ||||||
02 | Guten, d. i. wenn das Gute von gewisser Art vollständig ist. Sonst heißen | ||||||
03 | Vollkommenheiten Eigenschaften, die an einem Dinge als Mittel zu allerley | ||||||
04 | zweken desselben dienen. | ||||||
6801. ρ? ξ? Pr VI'. |
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06 | Es ist von der größesten Nothwendigkeit vor der Vernunft, gewisse | ||||||
07 | praktische Regeln als Grundsätze anzunehmen, die absolut necessitiren (categorisch), | ||||||
08 | ohne auf den Bedingungen von Nutzen zu beruhen, z. E. keine Absicht | ||||||
09 | wieder sein eigen Leben zu haben oder seine eigne Persohn nicht andern | ||||||
10 | Absichten aufzuopfern. Denn weil in Bestimmung des Nutzens alles Zufällig | ||||||
11 | ist (die allgemeine Bedingung aber aller Absichten seyn muß daß die | ||||||
12 | Persohn nicht den wesentlichen freyen Handlungen und der Vorzug der freyheit | ||||||
13 | selbst, der den Menschen eines moralischen und inneren Werths fähig | ||||||
14 | macht, dieses ist, daß er durch die thierische triebfedern niemals überwältigt | ||||||
15 | werde, dasienige zu wollen, was ein principium der Handlung | ||||||
16 | wieder sich selbst verräth etc. etc.), so muß diejenige Handlung die unangesehen | ||||||
17 | ihres Nutzens und Schadens das, was eine vorhergehende Handlung Bedingung | ||||||
18 | ist, sich seiner freyheit zu bedienen, die freyheit nothwendig einschränken, | ||||||
19 | folglich die wesentliche Bestimmungen seiner eignen Persohn und | ||||||
20 | das Leben selbst. Wieder diese kan keine Absicht statt finden, ob sie zwar | ||||||
21 | selbst nicht eben die Absicht selber seyn dürfen. Wesentliche Bestimungen | ||||||
22 | sind die, ohne die er entweder kein Mensch oder gar kein freyes wesen | ||||||
23 | seyn würde. | ||||||
24 | Er soll nicht Absicht haben, die Unwarheit zu reden, weil er als einer, | ||||||
25 | der seinen Sinn bezeichnen kann, die Bedeutung derselben nicht vernichtigen | ||||||
26 | muß. Er soll nicht sich selbst tödten, weil er, wenn er mit sich selbst schaltet, | ||||||
27 | sich als eine Sache betrachtet und die Würde eines Menschen verliert. | ||||||
28 | Er beleidigt andre, wenn er das, was nicht seine Sache ist, als die seinige | ||||||
29 | behandelt. Der Selbstmörder zeigt auch die freyheit in dem Größten | ||||||
30 | wiederstreit wieder sich selbst, mithin in der größten Zerrütung des Eignen | ||||||
31 | Wahnes. Die Menschheit ist heilig und unverletzlich. (g so wohl in seiner | ||||||
32 | eignen Persohn als in der anderer. Seine eigne Einwilligung ist hier | ||||||
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