Kant: AA XIX, Erläuterungen zu A. G. Baumgartens ... , Seite 115 |
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01 | eines Menschen mit sich selbst und mit andern hervorbrächten. Man mußte | ||||||
02 | in diese Regeln die wesentliche Bedingungen setzen, unter welchen man | ||||||
03 | seinen trieben gehör geben konnte, und als wenn die Beobachtung derselben | ||||||
04 | an sich selbst ein gegenstand unseres Willens seyn könte, welchen | ||||||
05 | wir selbst mit Aufopferung unsrer Glükseeligkeit verfolgen musten, ob sie | ||||||
06 | zwar nur die beständige und zuverlässige Form war. | ||||||
07 | Epikur setzte die Zweke aller tugendhaften Handlungen blos in dem | ||||||
08 | Verhältnisse der obiecten zur Sinnlichkeit, d. i. zur befriedigung der Neigungen, | ||||||
09 | eben so wohl als in den lasterhaften, und unterschied die tugend | ||||||
10 | nur durch die form der Vernunft in Ansehung der Mittel. | ||||||
11 | Zeno setzte alle Zweke tugendhafter handlungen blos in dem intellectualen | ||||||
12 | und der Besiegung der ganzen Sinnlichkeit. | ||||||
13 | Nach ihm war die Selbstbilligung die gantze wahre Glückseeligkeit. | ||||||
14 | Die Zufälligkeiten des Zustandes waren doch der Persohn nicht eigen. | ||||||
15 | Der nur innere Werth der Persohn. | ||||||
6622. κ--ρ. Pr X. |
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17 | In vielen fällen scheint der Zusatz des Vortheils das moralische Vergnügen | ||||||
18 | zu verringern. Ich möchte zu der Zeit, da ich iemandem aus Dankbarkeit | ||||||
19 | einen großen Dienst thue, nicht gerne eine Belohnung davor annehmen, | ||||||
20 | damit meine Zufriedenheit rein sey. | ||||||
6623. κ--λ? (η?) Pr XI. |
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22 | Wenn ein besonder Gefühl die Ursache der moralischen Unterscheidung | ||||||
23 | wäre, so würde die höchste Misbilligung des Lasters eigentlich aus dem | ||||||
24 | größesten Abscheu oder der Unangenehmsten Empfindung, welche die Vorstellung | ||||||
25 | desselben begleitete, entspringen, und es würde daher der Moralische | ||||||
26 | Bewegungsgrund natürlicher Weise andere überwiegen. Nun urtheilen | ||||||
27 | wir nur, daß er billig alle andre überwiegen solte. Das, was wir | ||||||
28 | des Abscheues würdig erkenen, verabscheuen wir wirklich an andern. Wir | ||||||
29 | hassen aber doch mehr an andern die uns nachtheilige Eigenschaften als | ||||||
30 | sein moralisch Böses, doch so, daß wir um des letzteren Willen die Persohn | ||||||
31 | mehr verachten und tadeln. | ||||||
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