Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 505

     
           
 

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  01 ist. Staaten, die eine innere Festigkeit haben, lassen zwar diesen Streitigkeiten,      
  02 so fern sie bey Gelehrten bleiben, freyen Lauf; aber so wie sich anfangen      
  03 abtrennungen und Rotten daraus zu erzeugen, welche in religionsdingen      
  04 gemeiniglich entweder parteylichkeit gegen einige und Haß gegen      
  05 andere hervorbringen: so werden sie auch um den Ausgang bekümmert,      
  06 denn das Gleichgewicht ist schweer zu erhalten. Ließe Am Besten ist doch:      
  07 sie lassen diese Dinge gehen und begünstigen Vernunft und Wissenschaft;      
  08 denn auf diese Art kan allein Gesetzmäßige Denkfreyheit (anstatt Anarchie)      
  09 und Obermacht der Vernunft (anstatt Despotism der Orthodoxie) entspringen.      
           
  11 (g Nichts ist schadlicher als dummdreuste Unwissenheit. )      
           
  12 Der Unsinn beruht mehrentheils auf dem Geschwätze von Religion      
  13 ohne vorausgehende Bstimung von Theologie, und zwar erstlich derjenigen,      
  14 welche aus der Vernunft allein ihren Ursprung hat und die auch      
  15 jeder andern, sie sey auf Geschichte oder Unmittelbare Eingebung gegründet,      
  16 als Criterium ihrer Richtigkeit zum Grunde gelegt werden muß. — Es      
  17 ist also vornemlich in unseren Zeiten von der größten Erheblichkeit, eine      
  18 wohl durchgedachte Theol und in ihrem ganzen Umfange vollstandig ausgeführte      
  19 Theologie der bloßen Vernunft zu Stande zu vorzutragen, welches      
  20 letztere sich auch thun läßt, indem nicht verlangt wird alles zu wissen, was      
  21 dem Obiecte zukomt, sondern was die menschliche Vernunft von Gott erkennen      
  22 kan. Wenn Theologie und Religion zusammengemischt werden,      
  23 entspringt eine Verwirrung der Begriffe, in welcher man die Theologie      
  24 als eine nothwendige Folge und Pflicht der Religion ansieht und daher      
  25 schon parteyisch verfährt. In Ansehung jener muß all die speculative      
  26 Vernunft zuerst allein und frey gelassen werden.      
           
  27 Damit wir die Denkungsart und mithin die subiective Ursachen des      
  28 Zwiespalts der menschlichen Meynungen hier vorher ausmachen und,      
  29 wenn wir diese sichten und prüfen, zugleich den Qvell, woraus die Ungereimtheiten      
  30 entspringen, entdeken und also die Geschichte der Verirrungen      
  31 bestimmt eintheilen können, müssen wir zuforderst dem ächten      
  32 Vernunftgebrauche den Mancherley Wahn in Ansehung des Vernunftgebrauchs      
  33 überhaupt entgegen setzen und diesen Vorzüglich betrachten.      
           
  34 Wahn ist die maxime Meynung einer Freyheit im Denken ohne      
  35 die Ber Rüksicht auf die Gesetze der Vernunft. Also hat er Einbildungskraft      
     

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