Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 457

     
           
 

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  01 gedacht werden, deren Moglichkeit übrigens gewiß ist, z.E. daß Planeten      
  02 auch bewohnt seyn. Aber die Moglichkeit einer caussalverbindung kan nur      
  03 durch Erfahrung, mithin von Ursachen in der Welt gelten; aber von einer      
  04 Ursache ausser derselben und nicht der einer in der Natur, sondern der      
  05 Natur selbst, haben wir nach der analogie der Natur zu schließen keinen      
  06 Grund. Warscheinlichkeit ist nur ein Urtheil bis auf nähere Kentnis.      
           
  07 M 377:      
  08 Es kan aber etwas anzunehmen nothwendig seyn, und zwar aus      
  09 subiectiven Ursachen des Gebrauchs des Verstandes überhaupt, ob wir      
  10 gleich das obiect nicht kennen, z.B. daß die Witterungen und andere Begebenheiten      
  11 z.B. Ganzer Staaten nach Naturgesetzen und aus Naturursachen      
  12 geschehen, weil wir uns sonst nicht unsers Verstandes bedienen      
  13 könten. Das ist ein Postulat der allgemeinen Menschen-Vernunft. Hier      
  14 liegt ein practisches postulat: wir sollen uns Begebenheiten so denken, daß      
  15 wir uns an ihnen unseres Verstandes gebrauchen können. Aber dieses      
  16 practische postulat hat immer nur bedingte Nothwendigkeit, wenn wir      
  17 namlich wollen, daß unser Verstand mit sich selbst nach principien stimme.      
  18 Es Giebt aber absolute practische postulate des Wollens, und das sind die      
  19 moralische. Wir sollen treu und redlich seyn ohne Bedingungen eines beliebigen      
  20 Zweks. Was immer in Ansehung gewisser obiecte nothwendig      
  21 diesem postulat gemäß angenommen werden muß, ist auch ein practisches      
  22 postulat. Ich muß es so denken, und es ist nicht blos Hypothese.      
           
  23 Hier ist der Grund obiectiv, aber nicht theoretisch, sondern practisch,      
  24 vollig a priori; aber die Uberzeugung ist auch nur respectiv aufs practische,      
  25 nicht Warscheinlichkeit, sondern fester Glaube.      
           
   

 

6110.   ψ2.   M 377'. 377.
 
     
  27 M 377':      
  28 Wir können nicht sagen: wir erkennen mit Gewißheit, ja nicht einmal:      
  29 mit Warscheinlichkeit, daß ein Gott existire, aus obiectiven Gründen.      
  30 Denn Warscheinlichkeit (g ist Annäherung zu dem, wovon die Gewisheit      
  31 moglich ist ) erfodert Gesetze, die denen der Natur, die wir kennen, unterworfen      
  32 sind und nach denen wir hier annehmen müßten, daß auch der Ursprung      
  33 der Natur selbst erklärt werden müßte; wir gehen also von dem      
  34 Naturgesetze zu einer gantz anderen Ordnung über (μεταβασισ αλλο γενοσ)      
     

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