Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 249 |
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01 | weil wir Verstand haben. Denn das Wort natur bedeutet auch nicht | |||||||||
02 | etwas an Dingen an sich selbst, sondern nur die Einheit Ordnung der | |||||||||
03 | Erscheinungen derselben durch die Einheit der Verstandesbegriffe oder | |||||||||
04 | die Einheit des Bewustseyns, in der sie verbunden werden können. | |||||||||
05 | Wir haben nicht Verstand, weil es eine Natur giebt; denn wir | |||||||||
06 | könnten die Regeln (g Gesetze ) derselben niemals aus Erfahrung kennen; | |||||||||
07 | sie best ihre Nothwendigkeit besteht eben darin, daß sie a priori erkannt | |||||||||
08 | werden. | |||||||||
09 | Eben darum können wir so wohl von Erscheinungen als der Natur, | |||||||||
10 | in der sie verknüpft sind, a priori Erkentnisse haben, weil die Form der | |||||||||
11 | unserer Sinnlichkeit den ersteren und die Form unseres Verstandes der | |||||||||
12 | Zweyten als Princip der Moglichkeit zum Grunde liegt. | |||||||||
13 | Zu sagen: „wir können a priori die Beschaffenheit der Dinge bestimmen“ | |||||||||
14 | und doch zugleich: „diese Dinge haben solche Beschaffenheit unabhängig | |||||||||
15 | von unserem Vermögen, sie zu bestimmen“ ist ein Wiederspruch; | |||||||||
16 | denn wo nehmen wir alsdenn unser Erkenntnis her? | |||||||||
5608. χ2—3—ψ1. M 141'. E II 989. 970. 1363. 1541. 951. 1531. 1530. |
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19 | Dinge werden vorgestellt als Erscheinungen, weil es Wesen giebt, | |||||||||
20 | die Sinne haben. Dieselbe Wesen haben aber auch Verstand, unter dessen | |||||||||
21 | Gesetzen die Erscheinungen stehen, sofern ihr mogliches Bewustseyn nothwendig | |||||||||
22 | zu einem allgemeingültigen Bewustseyn stimmen muß, d.i. sie | |||||||||
23 | haben eine Natur. | |||||||||
24 | Erscheinungen stehen zu einander im Verhaltnis des Manigfaltigen | |||||||||
25 | der in einer reinen Sinnlichen anschauung, und ihr Bewustseyn in dem | |||||||||
26 | Verhaltnisse zu einer gemeinschaftlichen apperception, beydes a priori | |||||||||
27 | und Nothwendigerweise. | |||||||||
28 | 1. Natur allgemein und formaliter genommen: | |||||||||
29 | Natur eines Dinges; der korperliche und denkende Natur. | |||||||||
30 | 2. Materialiter: als Inbegrif der Erscheinungen zum Gegensatz | |||||||||
31 | mit der intelligibeln Welt. | |||||||||
32 | Natur ist dem blinden Ohngefehr (Zufall) und der blinden Nothwendigkeit | |||||||||
33 | (Schiksal) entgegengesetzt. | |||||||||
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