Kant: AA XVII, Reflexionen zur Metaphysik. , Seite 237 |
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| 01 | metaphysischen Eigenschaften, die sich nicht dazu mit aller übereinstimung | ||||||
| 02 | (g ohne Ausnahmen ) anschicken will. Wenn die übel durch, ich weis | ||||||
| 03 | nicht, auf was vor Art nothwendige Fatalitaet Gott ihre Zulaßung abnothigen, | ||||||
| 04 | ohne in ihm wegen ihr das Wohlgefallen erregt zu haben, so | ||||||
| 05 | versetzen sie dieses hochst seelige wesen in eine gewiße Art eines Misfallens, | ||||||
| 06 | das zwar durch die Rechtfertigung der Unschuld von seiner Seite kan | ||||||
| 07 | einiger maaßen gemildert, aber nicht gedämpft werden. Wenn alles im | ||||||
| 08 | ganzen Gut war oder noch in den Theilen Gut ist, so ist ohnfehlbar der | ||||||
| 09 | anblick von allen Seiten die Qvelle eines wahren Vergnügens. Warum | ||||||
| 10 | muß es denn so bewandt seyn, daß alles in den Theilen S. II: unangenehm | ||||||
| 11 | sey, um nur im Gantzen das Wohlgefallen zu erwecken. Wenn Gott die | ||||||
| 12 | Laster und die Qvaalen verabscheut, warum wenn er sie nicht begehrt, | ||||||
| 13 | sondern nur zuläßt: warum war es denn nothwendig, daß sie vorhanden | ||||||
| 14 | seyn müßen, da sie den gesetzt auch, daß sie nicht ausgeschloßen werden | ||||||
| 15 | konnen, um nicht noch großeren Mängeln platz zu machen; diese Entschuldigung | ||||||
| 16 | dient zwar, Gott von der Schuld frey zu sprechen, aber sie | ||||||
| 17 | wird niemals den wichtigen Zweifel auflösen, warum die nothwendige | ||||||
| 18 | Eigensch wesentliche nothwendigkeit etwas hat, welches Gott wieder sein dem | ||||||
| 19 | allgemeinen Willen Gottes wiederstreite und ihm die Zulaßung abnöthige, | ||||||
| 20 | ohne deßen Wolgefallen erworben zu haben. Der gantze Fehler beruht | ||||||
| 21 | darin, Leibnitz versetzt den Plan der besten Welt einestheils in eine art | ||||||
| 22 | einer Unabhängigkeit, andern theils in einer Abhängigkeit von dem Willen | ||||||
| 23 | Gottes. Alle Alle Moglichkeit ist vor Gott ausgebreitet Gott sieht, überlegt, | ||||||
| 24 | prüfet sie; er wird durch die ihnen beywohnende Bestimmungen nach | ||||||
| 25 | Maasgebung ihrer (g besondern ) Vollkommenheiten auf eine Seite gelenkt | ||||||
| 26 | und nach demjenigen, was sie in Verbindung ausmachen, auf die andere | ||||||
| 27 | Seite; diese Vergleichung veranlaßt seinen Rathschluß. Die Welt ist eigentlich | ||||||
| 28 | nicht so, weil sie Gott so haben will, sondern weil es sich nicht thun läßt, sie anders | ||||||
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