Kant: AA XVI, L §. 170. IX 77-81. [Arten der ... , Seite 422

     
           
 

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  01 Die Bedürfnis, bey der Veränderlichen Gestalt des Geschmaks im      
  02 fortgange der Zeitene in dauerndes Urbild zu haben, welches nothwendig      
  03 in einer umwandelbaren Sprache abgefaßt sein muß, erheischet zugleich,      
  04 daß es eine todte sey, die als das Mittel der Gelehrsamkeit angesehen      
  05 werde. Dieses macht die Ungemachlichkeit, sprachen zu studieren und nicht      
  06 durch Umgang zu lernen. Wird wohl iemals eine von unseren lebenden      
  07 sprachen künftig eine todte und gelehrte Sprache werden. Welche wird      
  08 es seyn und wird sie die alten verdrängen. Die itzige Zeit ist die Ungemächlichste      
  09 und wird es noch ferner mehr werden, wenn sich mehr      
  10 Nationen excolieren.      
           
  11 Wenn man blos auf die Werke des Verstandes und nicht des Geschmaks      
  12 sieht, so ist eine todte und gelehrte Sprache nicht nöthig.      
           
  13 Damit sich eine sprache als eine todte und gelehrte erhalte, wird      
  14 entweder erfodert, daß nicht daß in ihr Werke des Verstandes und der      
  15 Vernunft hervorleuchten, denn dieser (g ihr ) Inhalt kan in ieder andern      
  16 sprache aufbehalten werden, sondern werke des schönen Witzes, besonders      
  17 Poesie, deren schönheit eigenthümlich an die Sprache gebunden ist. Weil      
  18 dieses aber noch kein gnugsam wichtiger (g und allgemeiner ) Antrieb ist,      
  19 eine todte Sprache zu lernen, so ist kein anderer Bewegungsgrund als      
  20 die religion. Deren Urkunden und erster Vertheidig Zustand der Kirche      
  21 machen nicht allein ihre, sondern auch verwandte Sprachen nothwendig.      
           
  22 (2.) Es ist die Frage, ob das Vorurtheil des Alterthums nicht      
  23 mehr aus der eigenliebigen Vorurtheile der Neuigkeit Schwierigkeit herkomme      
  24 die sie hatten. Man (s verwundert sich zuerst, hernach -- -- ) bewundert      
  25 das sehr, was die Erwartung nach einer allgemeinen Regel      
  26 übertrifft: so bewundern wir die Vernunft einer Frau oder die Wissenschaft      
  27 eines mittelmäßigen Bürgers, und es scheint, daß das Verdienst solcher      
  18 art Leute größer (s weil sie weniger hülfsmittel haben als wir ), folglich      
     

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