Kant: AA XVI, L §. 155-167. IX 65-73. [Gewissheit der ... , Seite 390

     
           
 

Zeile:

 

Text:

 

 

 

 
  01 Aller Glaube ist entweder theoretisch (s an Gott als Hypothese, das      
  02 Zwecke in der Natur ) oder practisch; in dem ersten sind alle Gründe der      
  03 Überzeugung obiectiv (logisch), in diesem zum theil subiectiv (practisch      
  04 oder Interesse). Der theoretische ist entweder historisch auf Zeugniß gegründet      
  05 oder rational auf: entweder empirischer Sätze oder rationaler      
  06 (dieser findet nur in der Mathematik statt). Der practische ist ein Vernunftglaube,      
  07 sowohl theils in Ansehung der Erkentnisse theils dem      
  08 interesse jedes vernünftigen Wesens.      
           
  09 L 44':      
  10 Der theoretische (g empirische ) Glaube (g in Ansehung dessen, was      
  11 blos vor die Vernunft ist. ) (g der kein Meynen in Ansehung dessen, was      
  12 über alles theoretische Erkentnisvermögen hinaus ist, genannt werden      
  13 kan ) ist niemals (Überzeugung) mit dem Bewustseyn der* Unveränderlichkeit      
  14 desselben Verbunden; denn es ist nur so weit mein jetziges      
  15 Wissen geht, hinreichend oder Überwiegend gegründet. Nur der Glaube,      
  16 der auf practischen subiectiven Bedingungen beruht, die zugleich obiectiv      
  17 sind, kan mit dem Bewustseyn der Unveränderlichkeit verbunden seyn.      
  18 Ich bin moralisch gewiß.      
           
  19 Man kan in Erkentnisarten, welche keine obiecte der möglichen Erfahrung      
  20 betreffen, nicht meynen und Warscheinlichkeit vorgeben, sondern      
  21 man muß wissen oder Glauben.      
           
  22 Der Glauben ist die Idee eines freyen Fürwahrhaltens.      
           
  23 Meynung ist ein Fürwarhalten, welches vollständig werden kan.      
           
     

[ Seite 389 ] [ Seite 391 ] [ Inhaltsverzeichnis ]