Kant: AA XVI, L §. 5. IX 21--33. [Begriff und ... , Seite 055 |
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01 | ist, kan nicht anders verdunkelt werden, als wenn etwas entweder | ||||||
02 | ihn verdekt oder ein anderes das licht verhindert darauf zu fallen. etc. etc. | ||||||
03 | Diese Ideen können nicht gantz sinnlich gemacht werden. Wenn ich aber | ||||||
04 | nach der Größe frage: Wie lange die Finsterniß dauert, so kan ich alles | ||||||
05 | aus den Gegebenen Verhaltnißen der große, die ich durch zahlen ausdrüke, | ||||||
06 | auf der Tafel vorstellig machen. Daher ist das methematische Erkentniß | ||||||
07 | von dem Philosophischen zu unterscheiden. Eine philosophische | ||||||
08 | Erkenntniß von den Großen und ihren Verhältnißen ist gantz anders. | ||||||
09 | z. E. wenn ich frage: woher woher die eine figur nicht mehr (g weniger ) als | ||||||
10 | 3 Seiten haben könne, Ich weis z. E. gewiß, daß der Cirkel eine Figur | ||||||
11 | sey, die mit ihrem Umfange den größten Raum einschließt, den sie mit | ||||||
12 | diesem Umfange einschließen kan. (g Den Beweiß giebt die Geometrie. ) | ||||||
13 | Aber wenn ich frage: woher muß denn aber diejenige Figur, die den | ||||||
14 | größten Raum etc. etc. einschließet, so beschaffen seyn, daß sie sich durch und | ||||||
15 | durch ähnlich ist. Dieses wäre eine philosophische Frage; eben dieses bey | ||||||
16 | den Perpendikular linien. Ein philosophisch Erkentniß der geometrischen | ||||||
17 | und Arithmetischen Aufgaben würde vortreflich seyn. sie würde den Weg | ||||||
18 | zur Erfindungskunst bahnen. aber sie ist sehr schweer. z. E. Daß, wenn | ||||||
19 | ich von einem Punkte auf eine Linie eine andere so ziehe, daß sie lauter | ||||||
20 | gleiche Winckel macht, diese die kürtzeste unter allen Möglichen sey, | ||||||
21 | beweist die Geometrie; aber woher muß man eben diese Bestimmung | ||||||
22 | treffen, um die kürzeste zu ziehen? Das kan nur eine erhabene Philosophie | ||||||
23 | zeigen. | ||||||
24 | Hieraus ist auch zu sehen, warum das Mathematische Erkentniß | ||||||
25 | sicherer ist als das Philosophische. | ||||||
26 | Die mathesis pura hat nur den Satz des Wiederspruchs nothig, die | ||||||
27 | applicata bisweilen den vom Zureichenden Grunde. | ||||||
28 | Divisio Philosophiae in Theoreticam et practicam. | ||||||
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