Kant: AA XV, Entwürfe zu dem Colleg über ... , Seite 865 |
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01 | elemente zu characteren: gesicht; 2. Bestimmung des Characters. Alle | |||||||
02 | Dinge haben etwas characteristisches in sich, der Mensch hat allein einen | |||||||
03 | inneren Character. Der character der Vergleichung oder der selbstbestimung. | |||||||
04 | 1, Naturell. Talent und Sinnesart. | |||||||
05 | Talent, Naturgabe: bezieht sich aufs Erkentnis, bestimmt den Marktpreis, | |||||||
06 | ist der cultivirung fähig. | |||||||
07 | Temperament. Sinnesart: bezieht sich aufs Gefühl, giebt den affectionspreis, | |||||||
08 | ist der civilisirung (geschliffen) fähig. | |||||||
09 | Character, Denkungsart: bezieht sich auf Willen, giebt innern | |||||||
10 | Werth, ist der moralisirung fähig. | |||||||
11 | (g Als ) Geschöpf hat er ein reiches (s tüchtig ) talent, als thier ein | |||||||
12 | glüklich temperament, als Mensch guten Character. | |||||||
13 | 1. Ausrüstung blos vor andere Zweke. 2. Ausstattung zu seiner | |||||||
14 | Glükseeligkeit. 3. Verdienst. | |||||||
15 | 1. Blos Mittel. 2. Auch Zwek. 3. Ein Endzwek der Schöpfung. | |||||||
16 | Zum Character überhaupt wird 1. erfodert, daß der Mensch einen | |||||||
17 | eignen Willen habe, der nicht nachgeahmt oder von anderen gelenkt wird. | |||||||
18 | Daher muß er aus eigener Überlegung beschließen, was er beschließt, | |||||||
19 | nicht aus modischen Lebensregeln, imgleichen nicht so schwach seyn, iedem | |||||||
20 | gefällig und einwilligend werden zu wollen und aus bloßer Gefalligkeit | |||||||
21 | ein Säufer, Spieler, Umtreiber, Verläumder, Religionsspötter, oder auch | |||||||
22 | Dupe vor Betrüger (und unverschämte), die ihm den Beutel fegen, oder mit | |||||||
23 | sehenden Augen ein Hahnrey werden. 2. Er muß sich nicht durch Instincte | |||||||
24 | und Launen oder Anwandlungen, sondern nach Grundsätzen zu handeln | |||||||
25 | üben, imgleichen nicht nach Angewonheit. 3. Er muß sich selbst wort | |||||||
26 | halten, solte es auch blos deswegen seyn, um zu wissen, daß sein Vorsatz | |||||||
27 | nicht fruchtlos seyn werde, also Beharrlichkeit oder festigkeit des Vorsatzes: | |||||||
28 | tenax propositi vir, nicht aus Eigensinn, sondern aus Grundsätzen. | |||||||
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