Kant: AA XV, Entwürfe zu dem Colleg über ... , Seite 860 |
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1516. ψ. L Bl. Ha 14. |
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02 | S. I: | |||||||
03 | Alle Leidenschaften gehen (g unmittelbar ) auf Menschen. Auf Sachen | |||||||
04 | kan zwar Neigung und Appetit, aber nicht Leidenschaft gerichtet seyn. So | |||||||
05 | fern also Menschen nicht etwas sind, was unmittelbar genossen werden | |||||||
06 | kan, sondern nur Mittel zum Genusse der Sachen, so sind alle | |||||||
07 | blos Neigungen des Wahnes, da wir dasjenige demjenigen, was | |||||||
08 | nur den Werth eines mittels hat (nämlich den Einflus auf andere Menschen, | |||||||
09 | um sie nach unsern Absichten zu brauchen), einen unmittelbaren | |||||||
10 | Werth geben. Weil aber das Vermögen, Neigungen überhaupt zu | |||||||
11 | befriedigen, einen unendlichen Gebrauch hat, so vergrößert sich dadurch | |||||||
12 | ihr sein Werth in der Einbildung ins unendliche, und dadurch werden | |||||||
13 | Neigungen zu Leidenschaften. | |||||||
14 | (g Die größte Leidenschaft des Wahnes ist das Hazardspiel - | |||||||
15 | Lotterie. Carten. ) | |||||||
16 | Es ist aber eine Neigung, da der Mensch als Sache ein Gegenstand | |||||||
17 | des Genusses ist; das ist die Geschlechterneigung. Bleibt sie blos Bedürfnis | |||||||
18 | der Natur, so ist sie temporair und wird wird kein bleibender | |||||||
19 | Zustand. Vermittelst der Vernunft kan sie alsdenn eine Triebfeder zur | |||||||
20 | Arbeit und Thätigkeit werden. Befruchtet sie sich aber durch Einbildungskraft | |||||||
21 | und erzeugt das Gelüsten, welches keine Grenzen kennt, so gebiert | |||||||
22 | sie den Müssiggang und in demselben Leidenschaften, die weit über | |||||||
23 | das Bedürfnis, ja gar über das Vermögen der Natur zu genießen | |||||||
24 | gehen. | |||||||
25 | Eine solche Leidenschaft mit Wohlwollen verbunden heißt die Liebe | |||||||
26 | zum Geschlecht. | |||||||
27 | Aber Ohne Wohlwollen ist sie als Neigung ein blos thierischer | |||||||
28 | Appetit, als Leidenschaft aber der Appetit eines Anthropophagen der | |||||||
29 | sich um. | |||||||
30 | Diese Neigung läßt sich aber mit Wohlwollen verbinden, und auch | |||||||
31 | so kan sie zur Leidenschaft erwachsen, wo, wenn das Wohlwollen stärker | |||||||
32 | wirkt als der Instinct, der Mensch zwar schwach, aber doch glücklich ist, | |||||||
33 | und indem er glücklich macht. | |||||||
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