Kant: AA XV, Entwürfe zu dem Colleg über ... , Seite 786

   
         
 

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  01 Er kan Unrecht thun, denn er hat dazu Triebfedern, und was    
  02 ihn in ihm selbst zurükhalten soll, ist nicht zuverläßig. Er braucht also    
  03 einen Herrn, der ihn in Ordnung und Zucht hält, nicht so wohl was ihn    
  04 selbst, sondern einen Menschen in Verhaltnis zu anderen erhält. Er muß    
  05 beherrscht seyn und hasset nichts mehr als beherrscht und eingeschränkt    
  06 werden. Um seiner eignen Sicherheit willen unterwirft er sich auch (g aus    
  07 Noth und ) dem scheine nach willig der Herrschaft, damit sie andere treffe    
  08 und er unter ihrem Schutz gesichert sey, gleichwohl ist er iederzeit im    
  09 geheim bestrebt, sich selbst dieser Herrschaft zu entziehen und in ungebundener    
  10 Freyheit zu bleiben, während dessen er gerne andre in Verhaltnis    
  11 auf sich dem Zwange der Gesetze unterwirft. Er erkent die Billigkeit    
  12 des Gesetzes, und nur er wünscht, (g eine ) ausnahme davon zu seyn.    
         
  13 (s Alles Gute wird uns von Menschen, ingleichen Alles Böse.    
  14 Daher Leidenschaft auf Menschen. Herrschsucht. )    
         
  15 Wo nehmen wir nun vor den Menschen einen Herrn her. Dieser    
  16 Herr muß selber kein Unrecht ausüben wollen, sonst bedarf er wiederum    
  17 einen Herrn. Er müste also kein Mensch seyn. Wir können ihn aber    
  18 nirgend anders hernehmen.    
         
  19 Könnte man sich nicht einen zum absoluten Herrn wahlen. Das    
  20 geht wohl an; allein die Absicht wäre denn doch nur, damit er das, was    
  21 uns fehlt, nemlich offentliche Gerechtigkeit, administrire und uns gegen    
  22 einander recht verschaffe. Wir würden ihm daher nicht alles, sondern nur    
  23 die Mittel dazu erlauben. Erlaubten wir ihm alles, so würden wir uns    
  24 wohl nicht über ihn beschweren könen; aber er selbst kan niemals in den    
  25 Zustand gesetzt werden, daß alles, was er thut, recht sey. Unsre Kinder    
  26 könnten wir auch nicht ihres natürlichen Rechts berauben. Also kan es    
  27 nicht ein einzelner Mensch seyn.    
         
  28 S. II:    
         
  29 (3fache Unmündigkeit: des Kindes, des Unterthanen und des    
  30 Beichtkindes.)    
         
  31 Es ist nur ein Fall, wo uns kein Unrecht geschieht: wenn wir nemlich    
  32 das, was geschieht, durch unseren eignen Willen beschlossen haben. Es    
     

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