Kant: AA XV, Reflexionen zur Anthropologie. , Seite 610 |
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01 | nicht dem Gebothe desienigen Herren unterworfen fühlen, der ohne Ausnahme | |||||||
02 | Herr über alles ist. Der Wahre oberherr des Staats ist die Idee | |||||||
03 | der gantzen Gesellschaft und der, so ihm Gewalt giebt: Gott, d. i. derjenige, | |||||||
04 | welcher diese idee realisirt oder personificirt. Denn der Staat ist allen | |||||||
05 | sein eigner Herr und also über iedes Glied: dominus originarius. | |||||||
1399. π. M 301. E I 665. |
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07 | Der Stadhalter Gottes auf Erden ist immer der gemeinschaft allgemeine | |||||||
08 | Mensch (maximus homo) oder und. Nur der Staat ist absoluter | |||||||
09 | Herr; der souverain ist dessen repraesentant, und, da er wegen seiner Einstimung | |||||||
10 | mit dem Willen des Staats keinem Menschen Verantwortlich ist | |||||||
11 | und gleichwohl doch verantwortlich seyn muß, so muß er dem einigen | |||||||
12 | absoluten Herrn der ganzen Natur verantwortlich seyn. Ein souverain | |||||||
13 | muß also in seiner Function des hochsten repraesentanten wohl unterwiesen | |||||||
14 | und von Gesinnungen der Religion erfüllet seyn. | |||||||
1400. π. M 302'. E I 670. |
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16 | Es wurde den rohen und halbwilden Zeiten beygemessen, daß homer | |||||||
17 | seine Helden noch so hart und unbarmherzig, aber doch tapfer vorstellt. | |||||||
18 | Der Muth und das kriegerische Talent machten alles aus. Sind unsere | |||||||
19 | Zeiten nicht noch eben so mit barbarey angestekt. Die Ehre der Fürsten | |||||||
20 | wird in ihrem Heldengeist gepriesen, und die Geschichtschreiber sind | |||||||
21 | immer lieber im Lager als dem Cabinet. Man rechnet einem ganzen | |||||||
22 | Staat, wenn er sich nur vergrößern kan, die Ungerechtigkeit vor keinen | |||||||
23 | Schimpf an. Man glaubt, der selbst gesetze giebt, sey an kein Gesetz | |||||||
24 | gebunden. sunt superis sua iura. Die Fürsten haben keinen Begrif von | |||||||
25 | Rechten, die ihnen im wege stehen, sondern reden höchstens von Gütigkeit. | |||||||
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