Kant: AA XV, Reflexionen zur Anthropologie. , Seite 475

   
         
 

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  01 Alle Grobheit rührt von der eingebildeten Unabhängigkeit, daß man    
  02 sich um des anderen willen nicht binden dürfe. Selbst die Niedrigkeit    
  03 befreyt vom Zwange, weil man doch gar alsdenn nicht mehr beurtheilt    
  04 wird. Die Wissenschaften machen sanft und gesittet, die universitaeten    
  05 geschliffen, der Hof manierlich und artig.    
         
  06 Feinheit ist der Grobheit entgegengesetzt.    
         
  07 Der Grobe Glaubt, des anderen Unwille könne ihm nicht schaden.    
         
   

 

1072.   ψ.   L Bl. Ha 36.
 
   
  09 S. I:    
         
  10 Vom Affect. Das Thier verliert im Affect sein Verhaltnis auf    
  11 den Gegenstand nicht aus den Augen und reitzt die thatige Kraft nur in    
  12 Beziehung auf denselben. Der Mensch richtet beym Verdrusse nicht blos    
  13 seine Kraft auf den Gegenstand, sondern stimulirt so zu sagen seinen    
  14 Verdrus selbst, gleich als ob er die Lebenskraft zur Thatigkeit sammle.    
  15 Dadurch entspringt denn eine auf sich selbst reflectirte Gemüthsbewegung,    
  16 da es gegen sich selbst wütet und sich zerrüttet und sich in Ansehung des    
  17 obiects (vornemlich bey Scham, Furcht und Zorn) unfähig macht. Warum    
  18 verliert aber das Gemüth dabey die Herrschaft über sich, das zu thun,    
  19 was man nicht will, und das nicht zu thun, was man will. Darum, weil    
  20 es sich sein Gefühl stärker als die thatige Begierde erregt hat, so sind die    
  21 vitalbewegungen in Unordnung gebracht und die wilkührliche nicht in    
  22 unserer Macht. Die Lebenskraft geht aufs physische wohlbefinden, die    
  23 Begierden aufs ideale. Ist ienes in Unordnung gebracht, so fehlt die Kraft    
  24 zu diesem.    
         
  25 S. II:    
         
  26 Affecten: 1. plötzlich: Furcht, Freu Zorn und Scham und ihre    
  27 Gegentheile: Freude, Liebe und Selbstzuversicht Trotz. 2. fortdaurende    
  28 Wirkungen: Traurigkeit (Zufriedenheit), Haß (Zuneigung) und Schüchternheit    
  29 oder Blödigkeit, Menschenscheu (Selbstzuversicht). Freude über das    
     

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