Kant: AA XV, Reflexionen zur Anthropologie. , Seite 397

   
         
 

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    907.   υ2 — φ1? (σ?)   M 403'.   E I 359.
 
   
  02 Die Begierde der Menschen, das gesellige Vergnügen (g von anderen )    
  03 zu genießen, macht, daß sie bemüht sind, sich einander zu nähern. Aber die    
  04 Begierde, sich im Verhaltnis gegen andre geltend zu machen, macht wiederum,    
  05 daß sie sich von einander entfernt halten und, wie daß frauenzimmer    
  06 einen gewissen Kreis um sich zieht, so auch ein ieder in der Gesellschaft.    
         
   

 

908.   υ? (σ2?)   M 403'.   E I 313.
 
   
  08 Im Umgange (g und litterarischer Gemeinschaft ) nehme man sich vor    
  09 ge einem Heiligen und einem genie in Acht. Der erste als ein Auserwehlter    
  10 spricht als Richter über alle andre als Verderbte; der andre    
  11 als orakel belehrt sie insgesammt als Dummköpfe. Wenn er beydes zugleich    
  12 ist, welches freylich nur selten geschieht, ein Heiliger aus blossem genie,    
  13 ohne durch langsame sittliche Disciplin es zu seyn, und ein genie aus    
  14 Heiligkeit (durch innere Erleuchtung), ohne durch Fleis in Wissenschaften    
  15 belehrt zu seyn: so muß er billig von aller Gesellschaft ausgeschlossen seyn    
  16 und gehort zu einem Bedlam auserlesener Geister. Bescheidenheit ist die    
  17 Mäßigung seiner Ansprüche durch die billige Ansprüche anderer. Eine    
  18 iede dieser Rollen ist unbescheidene Anmaßung. Beyde sind undankbar,    
  19 läunisch &c &c. Billig heißt: was wir ieder (s mit Recht ) fodern, aber nicht    
  20 erzwingen darf. Im Umgange muß Billigkeit das gegenseitige Verhalten    
  21 bestimmen, welche das Recht der Gesellschaft ausmacht (s nicht das bürgerliche ).    
  22 (In Gesellschaft glanzt der angemaßte Heilige nicht, weil er nichts    
  23 vorzeigen kan; aber in Schriften ist er mit solchen Blitzen bewafnet, von    
     

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