Kant: AA XV, Reflexionen zur Anthropologie. , Seite 337

   
         
 

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    771.   π—ρ.   M 306'.   E II 35.
 
   
  02 Wer allenthalben Anschauungen an die Stelle der ordentlichen    
  03 reflexion des Verstandes und Vernunft setzt (g desienigen setzt, was blos    
  04 in Begriffen besteht, vor die uns keine Anschauung gegeben ist ),    
  05 schwärmt. Es ist nothwendig, daß er seine Gefühle, Gemüthsbewegungen,    
  06 Bilder, halbgeträumte, halbgedachte Begriffe, welche in seinem bewegten    
  07 Gemüthe spielen, vor die Sachen selbst nimmt, die einer besonderen Kraft    
  08 in ihm so erscheinen. Je weniger er sich verstandlich machen kan, desto    
  09 mehr schmält er auf die Unzulanglichkeit der Sprache und der Vernunft    
  10 und ist ein Feind aller Deutlichkeit, weil er nicht durch Begriffe auch    
  11 nicht durch Bilder, sondern durch Gemüthsbewegung unterhalten wird.    
  12 Auch gefühlvolle autoren realisiren ihre Launen. Alle insgesamt sind    
  13 können genie haben, voll Empfindung und Geist, auch einigen Geschmak,    
  14 aber ohne die Trokenheit (der) und Mühsamkeit und Kaltblütigkeit der    
  15 Urtheilskraft. Alles, was deutlich ist, zeigt ihnen eine Seite der Sache    
  16 nach der anderen, und denn den Begrif des Verstandes, sie wollen aber    
  17 alle Seiten zusammenschauen. Alles mystische ist ihnen willkommen, sie    
  18 sehen in schwärmenden Schriften oder überhaupt im alten unerhörte    
     

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