Kant: AA XV, Reflexionen zur Anthropologie. , Seite 145

   
         
 

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  01 werden, erfreut uns, die wir in der phantasie alsdenn leben und es mit    
  02 anschauen (g Volle Zahlen ). Wir können ohne sie nicht einsame Stunden    
  03 verkürzen. Vermittelst ihrer thun wir Reisen, regiren Länder &c &c. Wer    
  04 sie nicht zu zähmen weiß, ist ein phantast; wer sie bey wem sie sich die    
  05 zügellose phantasie mit Ideen des guten associirt: ein Enthusiast. Bey    
  06 dem sie regellos ist: ein Träumer, (g ist sie zugleich Zügellos, überschwenglich )    
  07 dazu auch der Schwärmer gehört. Die großte Krankheit    
  08 der Phantasie ist die Regellosigkeit, da sie mit dem Verstande nicht einstimmt    
  09 und sie die Stelle seiner Begriffe einnimmt. Daß die gottliche    
  10 Regirung eine Art von Hofhaltung sey, welche durch ministers geführt    
  11 wird und Günstlinge, wo Geschenke und demütige Aufwartungen und    
  12 Gunstbewerbung mehr als der gute Lebenswandel ausrichten, ist ein betrügliches    
  13 Bild der phantasie, welches den Verstandesbegrif von Religion    
  14 verdrengt. Die Vernunft muß herrschen und die Einbildungskraft ohne    
  15 phantasie ihr zu Diensten seyn.    
         
         
  16

Von dem Vermögen der Vergegenwärtigung des Vergangenen und

[ entsprechender Abschnitt in:
I. Kant: Anthropologie in pragmatischer Hinsicht, 1798 (AA VII, 182)
]
   
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Künftigen durch die Einbildungskraft.

   
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§. 34 (VII 182—5).

   
         
   

 

371.   ξ? ι? κ? λ? (η?)   M 207'.   E II 368.   Zu M §. 579:
 
   
  20 Obgleich die Zeit nur eine dimension hat, so sind doch in der Kraft    
  21 der Vorstellung wirklich drey: nemlich das Gegenwärtige wird mit allen    
  22 Elementen des Vergangenen nicht allein verknüpft, sondern dadurch in    
  23 Wirksamkeit Gesetzt und gleichsam multiplicirt, um sich einen Begrif von    
  24 der Gegenwart zu machen. Dieses Produkt in die dimension der Zukunft    
  25 multiplicirt giebt die Voraussehung. So ist das factum aus der vorigen    
  26 Erfahrung in die Beobachtung der Gegenwartigen Zeit ein Erkenntnis    
  27 Grund des Gegenwartigen Zustandes der Welt, und beydes in die künftige    
  28 Zeit der ein Grund der Vorhersehung. Nur hat die eigentliche Gegenwart    
  29 gar kein Maas an sich der Zeit nach, obgleich der größe der Erkentnis    
     

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