Kant: AA XIV, Physische Geographie. , Seite 552 |
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| 01 | unverschlämmt dauern sollten. Denn es mag nun seyn, daß das darin | ||||||
| 02 | stehende oder rinnende Wasser von den Seitenwänden die Erde abspüle, | ||||||
| 03 | oder sonst in seinem Laufe Schlamm bekomme, welches nicht zu verhindern | ||||||
| 04 | ist, so kann es denselben nirgends anders, wie auf den Grund fallen | ||||||
| 05 | lassen, weil keine Lagerplätze da sind, wo es ihn absetzen und den Rinnsal | ||||||
| 06 | reinigen könnte. Es ist daher sehr rathsam, daß, wo es möglich ist, man | ||||||
| 07 | hierin die Einrichtung der Natur nachahme. Die gerade Linie ist wohl | ||||||
| 08 | die kürzeste und also auch die gemächlichste und wohlfeilste zu graben; | ||||||
| 09 | allein sie ist nicht jederzeit die Linie der größesten Sparsamkeit der Kraft | ||||||
| 10 | auf die Dauer. | ||||||
| 11 | Wollte man lieber in solchen Fällen bisweilen der Natur ihr Kunststück | ||||||
| 12 | abzurathen suchen, so würde man es ihr auch in der Beständigkeit | ||||||
| 13 | ziemlich gleich thun. Alsdann würde man, wenn ein Canal vor flißendes | ||||||
| 14 | Wasser zu ziehen wäre, dadurch verschaffen, daß das Wasser sein eigen | ||||||
| 15 | Bett immer besser zubereitete, anstatt daß es von denen nach der gewöhnlichen | ||||||
| 16 | Art nichts thut, als dasselbe zu verwüsten. Bisweilen (vornämlich | ||||||
| 17 | nahe bei den Mündungen) hört die Parallellage der Ufer auf, und sie | ||||||
| 18 | bilden so zu reden einen Sack, darin sich viele Untiefen unter dem Namen | ||||||
| 19 | der Bänke, Kämpen, Holme u.s.w. ansetzen. In diesen Umständen scheint | ||||||
| 20 | es am rathsamsten zu seyn, daß man anstatt die versandeten Tiefen ohne | ||||||
| 21 | Unterschied aufzuräumen, vornämlich demjenigen Ufer, wobei der stärkste | ||||||
| 22 | Zug des Wassers ist, gegenüber und ihm parallel nach der Analogie der | ||||||
| 23 | Erdzunge d, einen seichtern Grund von d nach e hin schütten und verfüllen | ||||||
| 24 | müsse, damit, wenn der Grund um e geräumt worden, das Wasser auf | ||||||
| 25 | dem flachern und untiefern Theile seines Bodens ed gleichsam einen | ||||||
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