Kant: AA XIV, Physische Geographie. , Seite 546

     
           
 

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    87.      L Bl. Dengel 2.   R.-Sch. VI S. 787—9. Hb. VIII S. 440—1. Ki. LI S. 351—3.
 
     
  03
Von dem Wasserbette der Ströme.
     
           
  04 Ich gestehe zwar, daß ich von der Erzeugung der Landesrücken der      
  05 Gebirge, oder von der Ursache ihrer Lage gegen einander nichts Verständliches      
  06 anzuführen wisse. Wie sich die Gußrinnen der Ströme sammt ihren      
  07 quellen mögen gebildet haben, dahin alle diese Höhen mit ihren Einbeugungen      
  08 ihr Wasser anjetzt abliefern und vermittelst derselben in die      
  09 See abführen, davon scheint mir Folgendes einen Begriff zu geben. Das      
  10 aus den durchweichten Schichten, indem sie sich fester setzten, häufig      
  11 dringende Wasser mußte alle zwischen den Höhen befangene Thäler überschwemmen,      
  12 ja das ganze Land beinahe mußte in diesem Zustande unter      
  13 Wasser seyn, und zwar unter einem Wasser, das selbst aus der Erde      
  14 drang, und indem es von den höheren Gegenden zu den Tiefen abwärts      
  15 floß, in weit ausgebreiteten Gegenden sich gleichwohl verbinden mußte.      
  16 Dadurch konnte es geschehen, daß erstlich nach verschiedenheit des Abhanges      
  17 die Züge des Wassers in dieser grenzenlosen Uberschwemmung in      
  18 einigen Strichen stärker als in andern gewesen seyn, und sich zweitens auch      
  19 häufig haben verbinden müssen. Der Schlamm eines so erweichten Grundes      
  20 wird von dieser strömenden Bewegung mit fortgerissen und nach den Gesetzen      
  21 derselben so angeschlämmt seyn, als der Aussprung oder Einsprung      
  22 der Biegungen es erforderte. Die Züge des Wassers werden bei diesem      
  23 Ablauf sich häufig verbunden haben, so daß im Fortgange, da viele derselben      
  24 in einander flossen, aus allen in einem großen Bezirke endlich ein      
  25 Hauptstrom werden mußte; welches, wenn ein großer abhängiger Boden      
  26 weit und breit mit rinnendem Wasser überschwemmt gedacht wird, schon      
  27 aus der Natur der Wasserbewegungen folgt, die beständig bestrebt sind,      
  28 in einander zu flißen und sich zu vereinigen. Damals werden die Thäler,      
  29 wo sie keinen freien Abzug hatten, vielfältig mit dem abgespülten Schlamme      
  30 seyn angefüllt worden, wodurch der Boden des Ablaufes gleichsam geebnet      
  31 und gleichförmig abgedacht worden. Allmälig mußte denn auch dieses      
  32 Ausquillen der Feuchtigkeit und die daraus entspringende Uberströmung      
     

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