Kant: AA XII, Briefwechsel 1798 , Seite 266 |
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01 | wegen des Gegenstandes durch die in Königsberg veranstaltete Uebersetzung | ||||||
02 | Aufsehen in Paris, allein man fand die Uebersetzung hart und | ||||||
03 | sie wollte dem eklen Pariser nicht gefallen, nur da erst als ein Pariser | ||||||
04 | Gelehrter, dessen Name mir entfallen ist, in einer Zeitschrift den Innhalt | ||||||
05 | nach französischer Manier aufstellte, woraus nachher im Moniteur | ||||||
06 | Auszüge geliefert wurden, ward jedermann enthusiastisch eingenommen | ||||||
07 | und wünschte mit Ihrem System näher bekannt zu werden. Dieser | ||||||
08 | Wunsch ward vorzüglich bei mehreren Mitgliedern des institut national | ||||||
09 | rege, und man trug vor einiger Zeit dem HE von Humboldt dem ältern | ||||||
10 | auf, über die Resultate Ihres Systems im institut eine Vorlesung zu | ||||||
11 | halten. Dieser unterzog sich auch dieser Sache, ob er gleich nicht das | ||||||
12 | gehörige Zeug dazu hat und zeigte, der Nutzen der kritischen Philosophie | ||||||
13 | sei negativ, sie halte die Vernunft ab, im Felde des Uebersinnlichen | ||||||
14 | Luftschlösser zu bauen. Die Pariser Gelehrten antworteten, da | ||||||
15 | sie nicht in Abrede sein wollten, daß Sie auf eine neue und scharfsinnigere | ||||||
16 | Art die Wahrheit dieses Resultats bewiesen hätten, daß aber | ||||||
17 | dadurch so viel eben nicht gewonnen sei, weil dis Resultat auch schon | ||||||
18 | sonst bekannt gewesen, sie fragten, ob Sie denn blos eingerissen und | ||||||
19 | nichts aufgebaut hätten, und denken Sie sich, Herr von Humboldt | ||||||
20 | kannte blos den Schutt, der durch die Critik eingestürzten Systeme. Si | ||||||
21 | *L tacuisset, philosophus mansisset +. Der Gesandte der Hanseestädte, | ||||||
22 | Hamburg, Bremen, Lübeck und Frankfurth in Paris, wohnte dieser Vorlesung | ||||||
23 | bei, und da er mit den kritischen Schriften nicht unbekannt ist, | ||||||
24 | nahm er an dieser Vorlesung großes Aergerniß, er bestritt Humboldts | ||||||
25 | Behauptung, war aber nicht im Stande Ihr System selbst aufzustellen. | ||||||
26 | Dieser Gesandte kam vor einigen Wochen nach Berlin, suchte meine | ||||||
27 | Bekanntschaft, erzählte mir den Vorfall und nützte die Zeit seines Aufenthalts | ||||||
28 | allhier, um mit dem Geiste und den Resultaten Ihres Lehrgebäudes | ||||||
29 | näher bekannt zu werden. Er war entzückt über das was | ||||||
30 | er hörte und wünschte nun nichts sehnlicher, als die Pariser Gelehrten | ||||||
31 | von ihrem Irrthum zurückzuführen; ich habe ihm versprochen, dazu | ||||||
32 | mitzuwirken. Dis wird nun, wie ich glaube am besten auf folgende | ||||||
33 | Weise geschehen. Ich will zuvörderst die Resultate Ihrer philosophischen | ||||||
34 | Untersuchungen kurz zusammengedrängt, leicht und faßlich aufstellen, | ||||||
35 | doch so daß ich mich auf die Beweise nicht weiter einlaße. Das Ganze | ||||||
36 | darf nicht über 6 bis 8 Bogen einnehmen. Mit Aufstellung des formalen | ||||||
37 | Moralprincips und mit einem kurzen Abriß der Ethik und des | ||||||
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