Kant: AA XII, Briefwechsel 1797 , Seite 227

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 damit wir uns noch lange Ihres glücklichen und so heilsam beglückenden      
  02 Lebens zu erfreuen haben.      
           
  03 Mit der herzlichsten Verehrung        
  04 Ihr        
  05   ganz Eigenster      
  06   Reichardt.      
           
           
    793.      
  08 Von Iohann Ernst Lüdeke.      
           
  09 30. Dec. 1797.      
           
  10 Wohlgebohrner Herr      
  11 Hochzuehrender Herr Professor,      
  12 Innigst verehrter Gönner!      
           
  13 Freilich ist es verwegen oder vielmehr verwogen Ihnen, auch      
  14 nur einige Minuten durch mein sehr entbehrliches Schreiben zu rauben.      
  15 Allein ein unwiderstehlicher Drang der innigsten Hochachtung, der immer      
  16 wachsenden Dankbegierde, und einer wahrhaft kindlichen Liebe trieb mich      
  17 schon lange zu dem Wunsch, mein Herz ergießen zu können. Ich      
  18 dämmte meine Empfindung. Doch da mir neulich mein Freund Borowsky      
  19 schrieb, daß Sie meiner noch nicht vergeßen hätten, da half      
  20 kein Dämmen mehr.      
           
  21 O erlauben Sie es mir, daß ich Ihnen Verehrungswürdigster      
  22 Greis sagen darf wie sehr ich Sie als den größesten Wohlthäter meiner      
  23 Seele verehre. Es sind nun 32 Iahre daß ich das Glück mich Ihnen      
  24 zu nähern hatte. Aber es ist mir jetzt dieses Glück noch viel beglückender,      
  25 als damahls, da mich mein Oncle, der Comerzienrath Hoyer      
  26 zu Ihnen führte. Könnte ich doch mein Dankgefühl ganz ausdrücken.      
  27 Hätte mich die Vorsehung in die Schriftsteller Welt verschlagen ich stehe      
  28 nicht dafür daß ich Sie mit einer Menge Zueignungs Schriften geqvälet      
  29 hätte und mir dadurch ein gewißes Ansehen zu erdediciren gesucht.      
  30 Dafür hat Sie der Höchste bewahret.      
           
  31 Ich sehe so ruhig und schußfrey dem Gewirre der Gelehrten aus      
  32 meinem stillen Winkel zu, und kann ungestöhrt lernen, bewundern,      
  33 lachen und mich ärgern. Wenn ich mich nicht ganz in die Tiefen der      
  34 spekulatifen Philosophie (aus sehr erklärlichen Gründen) senken kann      
  35 so erhebe ich doch täglich Geist und Herz durch Ihre Belehrung. Trage      
           
     

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