Kant: AA XII, Briefwechsel 1797 , Seite 166

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 mit mehrerm Fug ihm den Vorwurf machen, daß er im Besitz einer      
  02 Verstandesanschauung zu seyn sich dünke, als er Recht hat, ihn mir      
  03 zu machen. Das einzige was meiner Meynung nach dem Menschen      
  04 vergönnt ist, ist die Beziehung der Natur überhaupt auf ein Substrat      
  05 derselben, eine Beziehung, der er sich in seiner Anlage für Moralität,      
  06 in dem Bewußtseyn der Bestimmbarkeit des Begehrens durch die      
  07 blosse Vorstellung der Gesetzmässigkeit der Handlungen bewußt ist.      
  08 Denn in diesem Bewußtseyn, (aus welchem gerade so die synthetischpractischen      
  09 Grundsätze hervorgehen, wie jene synthetische theoretische      
  10 Urtheile a priori aus dem ursprünglichen Verstandesverfahren) erhebt      
  11 er sich über die Natur und setzt sich ausser ihrem Mechanismus, ob er      
  12 gleich als Mensch doch wieder Naturgegenstand ist, und sonach seine      
  13 Moralität selbst etwas Angefangenes ist und Naturursachen voraussetzt.      
  14 Der einer Zweckeinheit entsprechende fortgehende Naturmechanism      
  15 stimmt ihn zu dieser Beziehung noch mehr und erhebt und stärkt die      
  16 Seele des sittlich guten Menschen, ob er gleich doch nur immer auf      
  17 symbolische Weise sich dieses Substrat vorzustellen weiß. Selbst der      
  18 Lauf menschlicher Begebenheiten, Naturbegebenheiten, wie z. B. die      
  19 Erscheinung der christlichen Religion, von der als einem Kirchenglauben      
  20 man sagen kann, daß sie das Princip zu ihrer eigenen Auflösung in      
  21 sich selbst trägt, Naturbegebenheiten die sichtbarlich hinzielen, den rein      
  22 moralischen Glauben in unserm Geschlecht hervorzubringen - Alles      
  23 dieses leitet den Verstand zu einer solchen Beziehung.      
           
  24 Aber ich schreibe als wollte ich Ihnen etwas Neues lehren! Verehrungswürdiger,      
  25 grosser Mann, ich kann nicht ohne Entzücken diese      
  26 Angelegenheiten des Menschen überdenken, und Ihnen verdanke ich es,      
  27 Sie haben mich darauf geführt Ich befinde mich in meinen besten      
  28 Iahren, und was meine Seele täglich erheitert, ist, der auf meine      
  29 jetzige Einsichten in die Principien der critischen Philosophie gegründete      
  30 Gedanke, einst auch nach dem Abgange des grossen Stifters derselben,      
  31 diese dem Menschengeschlecht wichtige Angelegenheit kräftiglich besorgen      
  32 zu können. Ihre metaphysische Principien der Rechtslehre, haben      
  33 mich seit ihrer Erscheinung beschäftigt, und die Aufklärungen die ich      
  34 durch diese kleine Schrift erhalten, sind sehr groß. Um so mehr thut      
  35 es mir wehe, daß der gute Hofpr. Schultz meine Bemühungen in      
  36 einem so gehässigen Licht hat stellen wollen. Mir war bey meinem      
  37 Standpunct alles darum zu thun, die wahre Ansicht der Categorien      
           
     

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