Kant: AA XII, Briefwechsel 1797 , Seite 164 |
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01 | hast du mich vollkommen." und ich muß mich erinnern, daß ich an | ||||||
02 | Sie schreibe um nicht warm zu werden, daß der gute würdige Schultz | ||||||
03 | ganz unnützerweise Feuer! rufen will. Sie müssen mich selbst vernehmen. | ||||||
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05 | Ich bemerke nämlich an den Categorien erstens, daß in dem | ||||||
06 | Gebrauch derselben als Prädicate der Objecte, der logische Verstandesgebrauch | ||||||
07 | besteht. Hiernach heist es dann ein Ding hat Grösse, hat | ||||||
08 | Sachheit, ihm komt zu Substantialität, Causalität, u.s.w. Diesen | ||||||
09 | logischen Verstandesgebrauch sage ich auch in den synthetischen Urtheilen | ||||||
10 | a priori aus, z. B. Bey allem Wechsel der Erscheinung beharret die | ||||||
11 | Substanz; Was geschieht hat eine Ursache u.s.w. Wie fällt nun die | ||||||
12 | Auflösung dieser Synthesis von Begriffen aus? Ich bemerke das | ||||||
13 | ursprüngliche Verstandesverfahren in der Categorie, wodurch gerade | ||||||
14 | die synthetisch objective Einheit, die das ausmacht, was Sinn und | ||||||
15 | Bedeutung meines Begriffs heißt, erzeugt wird. Was ist es, frage | ||||||
16 | ich, was den Chemiker nöthigt bey seinem Prozeß des Verbrennens | ||||||
17 | des Phosphors in atmosphärischer Luft, zu sagen daß dasjenige, um | ||||||
18 | was die Phosphorblumen schwerer geworden sind, eben das ist, um | ||||||
19 | was die Luft leichter geworden? Ich antworte: sein eigener Verstand, | ||||||
20 | das Erfahrende in ihm, welches ursprüngliche Verstandes=Verfahren | ||||||
21 | ich einem bemerkbar mache, wenn ich ihn bitte, alle Objecte im Raum | ||||||
22 | aufzuheben und nach Ablauf von 50 Iahren eine Welt wieder zu | ||||||
23 | setzen. Er wird gestehen daß beyde Welten zusammenfallen und keine | ||||||
24 | leere Zeit abgelaufen ist, das ist, daß nur am Beharrlichen er sich die | ||||||
25 | Zeit selbst vorstellen könne. Hierher muß der Blick gerichtet seyn, um | ||||||
26 | das Phantom des Berkleyischen Idealisms zu widerlegen. Ebenso | ||||||
27 | wenn ich auf das Erfahrende in mir achte, wodurch ich zu der | ||||||
28 | Aussage, daß etwas geschehen ist, gelange, so bemerke ich, daß das | ||||||
29 | Verursachen, das ich damit verbinde, nichts anders als das Festmachen | ||||||
30 | der Synthesis von Wahrnehmungen als eine successive ist (das ursprüngliche | ||||||
31 | Setzen eines Etwas, wonach, als nach einer Regel die | ||||||
32 | Begebenheit folgt) dadurch also Erfahrung einer Begebenheit erzeugt | ||||||
33 | wird. Überhaupt aller dieser synthetischen Urtheile a priori Auflösung | ||||||
34 | fällt dahin aus, daß das Prädicat das ich in einem solchen Urtheil | ||||||
35 | mit dem Subject verbinde, das ursprüngliche Verstandesverfahren ist, | ||||||
36 | dadurch ich zu dem Begriff von dem Object gelange. Hiernach (in | ||||||
37 | dem Bewußtseyn dieser Principien) verstehe ich mich hoffentlich richtiger | ||||||
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