Kant: AA XII, Briefwechsel 1796 , Seite 093 |
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01 | mir, da ich einige Zweifel gegen Unterstüzzung hegte, daß ich nichts | ||||||
02 | zu besorgen hätte; ohngeachtet aller Versicherungen, konnte ich doch | ||||||
03 | nicht ganz zufrieden seyn, ich sprach HE Doktor Biester darüber, | ||||||
04 | dieser meynte, daß das Versprechen zu voreilig wäre, ich bat nun | ||||||
05 | Prof. Kiesewetter mir ganz bestimt darüber Auskunft zu geben, denn | ||||||
06 | solte es mit der Unterstüzzung Schwierigkeiten sezzen, so könnte ich | ||||||
07 | ja, da ich noch nicht eingeschrieben wäre, mit der Arbeit aufhören, | ||||||
08 | und irgend etwas anders entriren, zugleich ersuchte ich ihn mich als | ||||||
09 | Hofmeister ohnweit Berlin zu engagiren, er indeßen wollte davon | ||||||
10 | nichts hören, sondern sprach immer von Unterstüzzung, dieses hatte schon | ||||||
11 | mehrere Wochen gedauert, und ich muß gestehen, daß mir meine | ||||||
12 | Lage sehr zur Last wurde; während dieser Zeit war der Rath Campe | ||||||
13 | aus Braunschweig hier gewesen, mit diesem hatte Kiesewetter meinetwegen | ||||||
14 | gesprochen, und ihm den Brief von Ihnen gezeigt, in Rüksicht | ||||||
15 | des für mich so günstigen Urteils wollte dieser rechtschaffene Mann | ||||||
16 | mich gerne in Braunschweig haben, versprach mit einem dasigen sehr | ||||||
17 | geschikten Tischler und Mechanikus darüber zu sprechen und mit | ||||||
18 | nächstem darüber Nachricht zu erteilen, ich hatte ihn besucht und | ||||||
19 | dieses Versprechen von ihm selbst gehört, da mir meine Lage in die | ||||||
20 | Zukunft nicht als die günstigste erschien, so gieng ich vor einigen | ||||||
21 | Tagen zum Buchhändler HE Viehweg, der der Schwiegersohn von | ||||||
22 | Kampe ist, um nachzufragen, ob eine Nachricht aus Braunschweig | ||||||
23 | eingelaufen wäre, Viehweg sagte mir, daß Kampe geschrieben, da | ||||||
24 | ich bei dem Meister, indem er nicht zünftig wäre, nichts neues lernen | ||||||
25 | könnte, wenn ich als zünftig gelernter Tischler einst subsistiren könen | ||||||
26 | wollte, - also wieder eine fehlgeschlagene Hofnung -, die Räthin | ||||||
27 | Kampe, die izt hier ist, kam dazu, sprach mit mir über meinen Plan | ||||||
28 | und da ich alle Umstände auseinandergesezt, so versprach sie und | ||||||
29 | HE Viehweg für meinen Unterhalt zu sorgen, überdem giebt HE | ||||||
30 | Viehweg mir bei sich frei Quartier, und so hat mich denn diese gute | ||||||
31 | Frau, freilich nicht meines Verdienstes oder Würdigkeit willen, sondern | ||||||
32 | blos Ihrer so guten Empfelung wegen, aus der größesten Verlegenheit | ||||||
33 | gerißen, denn von meinen Eltern darf ich keine Unterstüzzung | ||||||
34 | erwarten, diese wißen von meinem Entschluße nichts, und | ||||||
35 | würden ihn auch nie billigen. Die gute Campe hat mir aufgetragen, | ||||||
36 | Ihnen unbekanter Weise sie zu empfelen, ich wünschte daß Sie diese | ||||||
37 | Familie, die aus lauter braven Menschen besteht, kennen möchten, es | ||||||
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