Kant: AA XI, Briefwechsel 1794 , Seite 515

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 ausser daß mir alle ihre Zuschriften jederzeit angeh[n]em sind, jetzt nichts      
  02 zu erwiedern, als folgende kleine Bemerkungen:      
           
  03 1. Ob Sie das Wort Beylegung auch wohl im Lateinischen      
  04 ganz verständlich ausdrücken könnten? Ferner, kann man eigentlich      
  05 nicht sagen: daß eine Vorstellung einem anderen Dinge zukomme      
  06 sondern daß ihr, wenn sie Erkentnisstück werden soll, nur eine Beziehung      
  07 auf etwas Anderem (als das Subject ist, dem sie inhärirt)      
  08 zukomme, wodurch sie Anderen communicabel wird; denn sonst      
  09 würde sie blos zum Gefühl (der Lust oder Unlust) gehören, welches an sich      
  10 nicht mittheilbar ist. Wir können aber nur das verstehen und Anderen      
  11 mittheilen, was wir selbst machen können, vorausgesetzt, daß die Art,      
  12 wie wir etwas anschauen, um dies oder jenes in eine Vorstellung zu      
  13 bringen, bey Allen als einerley angenommen werden kann. Ienes ist      
  14 nun allein die Vorstellung eines Zusammengesetzten. Denn:      
           
  15 2. Die Zusammensetzung können wir nicht als gegeben warnehmen,      
  16 sondern wir müssen sie selbst machen: wir müssen zusammensetzen, wenn      
  17 wir uns etwas als zusammengesetzt vorstellen sollen (selbst den Raum      
  18 und die Zeit). In Ansehung dieser Zusammensetzung nun können wir uns      
  19 einander mittheilen. Die Auffassung ( apprehensio ) des Manigfaltigen      
  20 Gegebenen und die Aufnehmung in die Einheit des Bewustseyns      
  21 desselben ( apperceptio ) ist nun mit der Vorstellung eines Zusammengesetzten      
  22 (d. i. nur durch Zusammensetzung Möglichen) einerley, wenn      
  23 die Synthesis meiner Vorstellung in der Auffassung, und die Analysis      
  24 derselben so fern sie Begrif ist, eine und dieselbe Vorstellung geben      
  25 (einander wechselseitig hervorbringen), welche Ubereinstimmung, da      
  26 sie weder in der Vorstellung allein, noch im Bewustseyn allein liegt,      
  27 dennoch aber für jedermann gültig ( communicabel ) ist, auf etwas für      
  28 jedermann Gültiges, von den Subjekten Unterschiedenes, d. i. auf ein      
  29 Objekt bezogen wird.      
           
  30 Ich bemerke, indem ich dieses hinschreibe, daß ich mich nicht einmal      
  31 selbst hinreichend verstehe und werde Ihnen Glück wünschen, wenn      
  32 sie diese einfache dünne Fäden unseres Erkentnisvermögens in genugsam      
  33 hellen Lichte darstellen können. Für mich sind so überfeine Spaltungen      
  34 der Fäden nicht mehr; selbst Hrn. Prof: Reinholds seine kan      
  35 ich mir nicht hinreichend klar machen. Einen Mathematiker, wie Sie      
  36 werther Freund, darf ich wohl nicht erinnern, über die Grenze der      
  37 Klarheit, so wohl im gewöhnlichsten Ausdrucke, als auch der Belegung      
           
     

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