Kant: AA XI, Briefwechsel 1790 , Seite 240

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 Predigt über Ap. Gesch. 10, 34 Gebrauch zu machen: es war hier      
  02 nichts von der der Canzel unwürdigen ars oratoria, und doch machte      
  03 die Predigt auf mehrere, die nicht, wie ich, die Quelle davon kannten,      
  04 einen ungewöhnlichen Eindruck, und mir war es, als wenn ich eine      
  05 solche Predigt noch nie gehört hätte. Sie hatte aber auch den Character,      
  06 den sie nach der Note S. 33 Ihrer Grundlegung zur Metaph.      
  07 d. Sitten haben mußte.      
           
  08 Ich schätze mich glücklich, an Trede und Boie zwey Freunde zu      
  09 besitzen, mit denen ich mich über Ihre Schriften bisweilen unterhalten      
  10 kann.      
           
  11 Nun eine Beobachtung über synthetische und analytische Sätze:      
  12 nemlich solche Sätze, die sich umkehren lassen, werden aus synthetischen      
  13 zu analytischen und umgekehrt. Das Subject im synthetischen Satze      
  14 faßt zwey Begriffe in sich, deren Synthesis die Bedingung des Prädikäts      
  15 ist; nach dem Umkehren vertreten diese beyden Begriffe die      
  16 Stelle des Prädikats, und können als einzelne Prädikate dienen in      
  17 zweyen Sätzen, weil die Synthesis dem Prädikate nicht nothwendig      
  18 zukommt, ausser in Definitionen, wo das Definitum Subject ist. Wird      
  19 ein analytischer Satz umgekehrt, dessen Prädicat nicht beyde Begriffe,      
  20 die zusammengehören, enthält, so wird in dem Subjecte des umgekehrten      
  21 nunmehr synthetischen Satzes der fehlende Begriff durch einen      
  22 Beysatz bemerkt, wie durch x die unbekannte Grösse in der Buchstabenrechnung.      
  23 Zum Beyspiel: alle physische Körper sind schwer; ist ein      
  24 synthetischer Satz: die Synthesis von physisch und Körper ist Bedingung      
  25 des Prädicats: schwer; denn nicht alles physische ist schwer, ein Regenbogen      
  26 ist physisch; nicht alle Körper in der weitern Bedeutung sind      
  27 schwer, der geometrische Körper ist auch ein Körper. Durch Umkehrung      
  28 ergeben sich hieraus zwey von einander unabhängige analytische      
  29 Sätze: alles Schwere ist ein physischer Körper; nemlich alles Schwere      
  30 ist physisch; alles Schwere ist Körper. Kehrt man jeden Satz für sich      
  31 um, so bekömmt das Subject des umgekehrten nunmehr synthetischen      
  32 Satzes einen Zusatz: nemlich gewisse physische Dinge sind schwer; gewisse      
  33 Körper sind schwer. Ein anderes Beyspiel: alle Körper sind      
  34 ausgedehnt, ist ein analytischer Satz; dazu gehört noch einer: alle      
  35 Körper haben drey Dimensionen; daraus durch Umkehrung der vollständige      
  36 synthetische Satz: alles Ausgedehnte mit drey Dimensionen ist      
  37 Körper; die Verbindung der beyden Begriffe im Subjecte ist Bedingung      
           
     

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