Kant: AA XI, Briefwechsel 1790 , Seite 169 |
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Text (Kant):
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01 | nothwendig verbunden gedacht. Ich habe also eine blosse Idee von | ||||||
02 | diesem Etwas, aber wenn ich nun diese Idee nicht etwa selbst für das | ||||||
03 | der Ersch[einung] zum Grunde liegende halte; so kann ich sie doch ohne Bedenken | ||||||
04 | so interpretiren, daß sie ein reales Etwas überhaupt andeutet, | ||||||
05 | welches so wohl von der Idee als der Erscheinung verschieden ist, ob ich | ||||||
06 | gleich nicht bestimmen kann, ob dieses Etwas vorstellbar ist oder nicht. Die | ||||||
07 | Auktorität die mich zwingt ein solches Objekt anzunehmen ist meine | ||||||
08 | Vernunft, aber diese nöthigt mich ebenso die Wirklichkeit eines Etwas | ||||||
09 | das da erscheint zum voraus zu setzen, als mich die Sinne nöthigen | ||||||
10 | die Wirklichkeit der Erscheinungen zuzugestehen. Im ersten Falle | ||||||
11 | weiset mich die Vernunft auf ein Objekt hin, im andern Falle stellen | ||||||
12 | mir die Sinne solches vor. Ich kann der Auktorität der Vernunft | ||||||
13 | nicht weniger trauen als den Sinnen. Wir erkennen also wirkl[ich] | ||||||
14 | durch die Vernunft, daß es Dinge an sich gebe und zwar durch die | ||||||
15 | Idee. Diese Idee drückt nichts von den Dingen an sich aus, sie läßt | ||||||
16 | sie unbestimmt, aber sie deutet doch, wie mich dünkt ihr Daseyn an. So | ||||||
17 | leer also diese Idee auch seyn mag; so bald sie nur auf [auf] ein reales | ||||||
18 | Objekt hindeutet, kann wie mich dünkt, [sie] doch Erkenntniß heißen. | ||||||
19 | Ich weiß wohl, daß ich nicht bestimmen kann, was reales Daseyn | ||||||
20 | ist, wenn ich solches nicht durch ein Verhältniß in der Zeit auf mein | ||||||
21 | Wahrnehmungsvermögen bestimmen kann; aber der blosse logische Begriff, | ||||||
22 | den ich damit verknüpfe wenn ich sage das Ding an sich ist da, | ||||||
23 | und der nichts sagen will, als es enthält den unbedingten Grund der | ||||||
24 | Wirklichkeit der Erscheinung ist dennoch ein solches Merkmal, wodurch | ||||||
25 | ich in den Stand gesetzt bin; gesetzt es würde mir ein intellektuales | ||||||
26 | Anschauungsvermögen gegeben, das Ding an sich zu suchen und zu | ||||||
27 | finden; es ist ein formaler, vorläufiger Begriff aber wirklich nie objektive | ||||||
28 | Vorstellung, ohngefehr so wie ein Tauber sich vorläufige Begriffe | ||||||
29 | vom Hören machen kann, die wirklich im Zustande der Taubheit blos | ||||||
30 | formal seyn können, die ihn aber doch in den Stand setzen würden, | ||||||
31 | gesetzt, sie erhielten mit einem Male das Gehör, zu erkennen, daß sie | ||||||
32 | jetzo hörten. Ich sehe nicht, warum man nicht sagen könnte, da | ||||||
33 | Taube, Blinde vorläufige Erkenntnisse vom Hören und Sehen haben | ||||||
34 | könten (Begriffe) ob sie gleich keine Anschauungen haben. | ||||||
35 | Mein Hauptaugenmerk hierbei ist, ob nicht durch eine solche Nachgiebigkeit | ||||||
36 | im Ausdrucke die Vereinigung der Partheien, da es doch | ||||||
37 | der Critik angelegen ist, sie mit sich selbst einig zu machen, befördert | ||||||
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