Kant: AA XI, Briefwechsel 1789 , Seite 076

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 Schwierigkeiten in ihrer größten Klarheit darzustellen, welche den teleologischen      
  02 Weg zur Theologie umgeben u. vermuthlich Spinozen zu      
  03 seinem System vermocht haben: Mit raschen Schritten auf Unternehmungen      
  04 zu einem großen, aber weit entfernten Ziel, ausgehen, ist der      
  05 gründlichen Einsicht zu aller Zeit nachtheilig gewesen. Der die Klippen      
  06 zeigt, hat sie darum doch nicht hingestellt, u. ob er gleich gar die Unmöglichkeit      
  07 behauptet, zwischen denselben mit vollen Segeln (des      
  08 Dogmatismus) durchzukommen, so hat er darum doch nicht alle Möglichkeit      
  09 einer glücklichen Durchfarth abgeläugnet. Ich finde nicht da      
  10 Sie hiezu den Compas der Vernunft unnöthig, oder gar irre leitend      
  11 zu seyn, urtheilen. Etwas, was über die Speculation hinzukommt,      
  12 aber doch nur in ihr, der Vernunft, selbst liegt u. was wir zwar (mit      
  13 dem Nahmen der Freyheit, einem übersinnlichen Vermögen der Causalität      
  14 in uns) zu benennen, aber nicht zu begreifen wissen, ist das      
  15 nothwendige Ergänzungsstück derselben. Ob nun Vernunft, um zu      
  16 diesem Begriffe des Theismus zu gelangen, nur durch Etwas, was      
  17 allein Geschichte lehrt, oder nur durch eine, uns unerfaßliche übernatürliche      
  18 innere Einwirkung, habe erweckt werden können, ist eine      
  19 Frage, welche blos eine Nebensache, nämlich das Entstehen und Aufkommen      
  20 dieser Idee, betrift. Denn man kan eben sowohl einräumen,      
  21 daß, wenn das Evangelium die allgemeine sittliche Gesetze in ihrer      
  22 ganzen Reinigkeit nicht vorher gelehrt hätte, die Vernunft bis jetzt sie      
  23 nicht in solcher Vollkommenheit würde eingesehen haben, obgleich, da      
  24 sie einmal da sind, man einen jeden von ihrer Richtigkeit u. Gültigkeit      
  25 (anjetzt) durch die bloße Vernunft überzeugen kan. - Den Syncetism      
  26 des Spinozismus mit dem Deism in Herders Gott haben      
  27 Sie aufs gründlichste wiederlegt. Überhaupt liegt aller Syncretisterey      
  28 gemeiniglich Mangel an Aufrichtigkeit zum Grunde, Eine Gemüthseigenschaft      
  29 die diesem großen Künstler von Blendwerken (die, wie      
  30 durch eine Zauberlaterne, Wunderdinge eine Augenblicke lang vorstellig      
  31 machen, bald darauf aber auf immer verschwinden, indessen daß sie      
  32 doch bey Unwissenden eine Bewunderung hinterlassen, daß etwas Außerordentliches      
  33 darhinter stecken müsse, welches sie nur nicht haschen      
  34 können) besonders eigen ist.      
           
  35 Ich habe es jederzeit für Pflicht gehalten, Männern von Talent,      
  36 Wissenschaft u. Rechtschaffenheit mit Achtung zu begegnen, so weit wir      
  37 auch in Meynungen aus einander seyn möchten. Aus diesem Gesichtspuncte      
           
     

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