Kant: AA XI, Briefwechsel 1789 , Seite 031 |
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01 | Tadel zu verstecken. Eine freymüthige Kritik ist mir lieber, als wenn | ||||||
02 | man mich nach Art eines Kindcs behandelt, dem man die bittere Arzney | ||||||
03 | unter der Gestalt eines süßen Naschwerks beybringt. | ||||||
04 | Männer von entschiednen Verdiensten haben auch das Recht entscheidend | ||||||
05 | zu sprechen, und wer die Wahrheit liebt, mißt seine Achtung | ||||||
06 | gegen sie nicht nach dem Grade der Bereitwilligkeit ab, mit welcher sie | ||||||
07 | sich ihm zu nähern scheinen. Wie also auch Ihr Urtheil über meine | ||||||
08 | kleine Schrift ausfallen mag, so wird dieß nichts in der Hochachtung | ||||||
09 | verändern, mit welcher ich beständig seyn werde | ||||||
10 | Ew. Wohlgebohren | ||||||
11 | Berlin | ergebenster Diener | |||||
12 | den 23 April | Klein | |||||
13 | 1789 | Kammergerichtsrath | |||||
357. | |||||||
15 | Von Iohann Friedrich Hartknoch. | ||||||
16 | 25. April 1789. | ||||||
17 | Hochwohlgeborner Herr! | ||||||
18 | Insonders hochzuehrender Herr Professor! | ||||||
19 | Mit der innigsten Betrübniß melde ich Ihnen, die für uns alle | ||||||
20 | so traurige Nachricht, daß mein guter Vater nicht mehr lebt. - Er | ||||||
21 | starb den 1 ten Aprill st. v. an einem aufgebrochnen Lungengeschwür. | ||||||
22 | Vier Tage vor seinem Ende bekam er ein kleines Flußfieber, das wir | ||||||
23 | gar nicht für gefährlich hielten, weil er diese Krankheit schon oft ohne | ||||||
24 | alle schlimme Folgen überstanden hatte. In der Nacht vor dem Tage | ||||||
25 | seines Todes aber, bekam er Schmerzen in der Brust, die ihm das | ||||||
26 | Athemholen erschwerten, und ihn am Liegen hinderten. Aller angewandten | ||||||
27 | Bemühungen des Arztes ohngeachtet, konnte er die Materie, | ||||||
28 | die sich in der Lunge immer mehr anhäufte, nicht ausbrechen, bis er | ||||||
29 | endlich Nachmittag um 3 Uhr, an dem, zu seiner Abreise nach Leipzig | ||||||
30 | bestimmten Tage, sanft in jenes bessere Leben übergieng. | ||||||
31 | Da ich die Freundschaft die Sie, mein hochgeehrtester Herr Professor! | ||||||
32 | gegen meinen verewigten Vater hegten, kenne, und auch weiß, | ||||||
33 | wie sehr er Sie hoch schätzte, so wage ich die Bitte an Sie, mir um | ||||||
34 | meines Vaters willen, einen kleinen Theil Ihrer Gewogenheit zu | ||||||
35 | schenken, bis ich mich würdig gezeigt haben werde, gegründetere Ansprüche | ||||||
36 | auf Ihre Freundschaft zu machen, welches von nun an mein | ||||||
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