Kant: AA X, Briefwechsel 1788 , Seite 557

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 etwa auf die Eigenschaft einer jeden Veränderung (als eines Qvanti),      
  02 die selbst nur relativ auf eine specifische Beschaffenheit des inneren      
  03 Sinnes und dessen Form (die Zeit) möglich ist, und die Zahlwissenschaft      
  04 ist, unerachtet der Succession, welche jede Construction der Größe      
  05 erfodert, eine reine intellectuelle Synthesis, die wir uns in Gedanken      
  06 vorstellen. So fern aber doch Größen (quanta) darnach zu bestimmen      
  07 seyn, so müssen sie uns so gegeben werden, daß wir ihre Anschauung      
  08 successiv auffassen können und also diese Auffassung der Zeitbedingung      
  09 unterworfen seyn, so, daß wir denn doch keinen Gegenstand, als den der      
  10 möglichen sinnlichen Anschauung, unserer Größenschätzung durch Zahlen      
  11 unterwerfen können und es also ein Grundsatz ohne Ausnahme bleibt,      
  12 daß die Mathematik sich nur auf sensibilia erstrecke. Die Größe der      
  13 Göttlichen Vollkommenheit der Dauer etc. kan nur durchs All der      
  14 Realität ausgedrückt werden ohne durch Zahlen, gesetzt man wollte      
  15 auch eine blos intelligibele Einheit zum Maaße annehmen, vorgestellt      
  16 werden zu können. - Bey dieser Gelegenheit nehme mir die Freyheit      
  17 zu bemerken, daß, da die Anticritiker an jedem Ausdrucke nagen,      
  18 die Stelle Seite 27 Zeile 4, 5, 6. wo ein sinnlicher Verstand genannt      
  19 wird, imgleichen dem göttlichen Verstande ein Denken zugeschrieben      
  20 zu werden scheint, eine kleine Abänderung rathsam seyn würde      
           
  21 Ew. Hochehrwürden würden sich ein großes Verdienst dadurch erwerben,      
  22 wenn Sie den Gründen nachzusinnen beliebten, worauf es      
  23 beruht, daß reine Größenlehre einer so großen Erweiterung a priori      
  24 fähig ist (der Grund welcher Seite 68, 69 angeführt worden möchte      
  25 wohl eher selbst jener gewünschten Deduction noch bedürfen). Niemand      
  26 ist hiezu geschickter als eben Sie.      
           
  27 Mein unmaßgeblicher Vorschlag wäre also, die N. II von Seite 54      
  28 bis 71 vor der Hand zu unterdrücken und (wenn es Ihre Zeit nicht erlaubt      
  29 jene gewünschte Untersuchung anzustellen) an die Stelle der gedachten      
  30 Numer etwa nur die Wichtigkeit einer solchen Untersuchung anzuführen.      
  31 Eine Behauptung, die so gegen alles folgende contrastirt, als diejenige      
  32 welche jene Numer enthält, würde denen die nur einen Vorwand      
  33 brauchen, um von allen tiefen Untersuchungen abzukommen, sehr zu      
  34 statten zu kommen scheinen; um wohl gar von allem synthetischen Erkentnisse      
  35 a priori zu behaupten, daß sie nichts sey, sondern das alte      
  36 principium contradictionis überall zulange.      
           
  37 Vergeben Sie mir meine Freyheit und zugleich die Flüchtigkeit,      
           
     

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