Kant: AA X, Briefwechsel 1786 , Seite 464

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 Bibliothek dasjenige zu bearbeiten, was ich mir für die Zukunft zu      
  02 bearbeiten vorgesezt habe.      
           
  03 Mit wie viel Gütigkeit mir auch immer von manchen andern      
  04 Männern in Berlin, an welche ich von Königsberg aus, empfohlen      
  05 war, begegnet worden: so habe ich doch, Dank sey es Ihnen, mein      
  06 gütigster Herr Profeßor, Herrn Bibliothekar Biestern, selbst ohne diesen      
  07 leztern Antrag, die mehreste Verbindlichkeit. Nicht selten habe ich zu      
  08 Mittage oder zu Abend bey demselben zu speisen die Ehre gehabt; u.      
  09 so manche trauliche Unterhaltung desselben über das praktische Leben,      
  10 wird mir für die Zukunft sehr belehrend seyn.      
           
  11 Wenn ich weiß, wie viele Achtung Herr Biester für Ihren Namen,      
  12 mein Herr Profeßor, hegt: würde ich nicht mit Recht es mir als das      
  13 belohnendste für so viele Gütigkeiten des Herrn Doktors denken, wenn      
  14 Ew. Wohlgeb. in einer Zeile eines gelegentlichen Briefes es demselben      
  15 sagten, wie sehr ich iede der Aufmerksamkeiten deßelben für mich, empfinde?      
  16 Sie waren schon so gütig, mein Herr Profeßor, bis dahin      
  17 gegen mich: thun Sie diese letztere Verpflichtung zu so vielen andern      
  18 noch hinzu.      
           
  19 Ich habe keinen Augenblick in Berlin Ursache gehabt, meinen      
  20 Schritt, Königsberg zu verlaßen, zu bereuen. ich dachte von Berlin      
  21 sehr groß, aber in den drey Monaten meines Aufenthaltes darin habe      
  22 ich noch mehr darin gefunden, als ich erwartet hatte. Die prächtigen      
  23 Gebäude der Stadt, u. der Geschmak, der bis in die kleinsten Dinge      
  24 darin herrscht, haben mich bei iedem Schritt auf die Straße, entzückt,      
  25 u. in ieder Woche habe ich beynahe immer wenigstens einen halben      
  26 Tag zugebracht, um die Häuser dieser wahren Königsstadt anzustaunen.      
  27 Von den Einwohnern Berlin's getraue ich mir überhaupt zu sagen,      
  28 daß hier dem Beobachter gleichsam eine offene Menschen=natur vor      
  29 Augen liegt: die Seelen der Menschen scheinen hier alle mehr nach      
  30 aussen zu wirken. So sehr auch "Mancherley" das Motto von Berlin      
  31 ist, so ist doch dies der Haupt=ton darin. Die Ursachen davon sind      
  32 klar; u. der neue Hof wird diese Stimmung u. diesen Berlinismus noch      
  33 mehr befördern, so spricht's wenigstens alle Welt.      
           
  34 4 Wochen vor dem Tode des Königes hatte ich das Glück, in      
  35 einer Gesellschaft von fünfzehn Personen in Potsdamm drei Tage mich      
  36 aufzuhalten, u. alle die königlichen Kostbarkeiten, die Zimmer, Gemählde      
  37 u. Sammlungen, Statuen, MünzKabinet etc. zu sehen: nie habe ich      
           
     

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