Kant: AA X, Briefwechsel 1784 , Seite 377 |
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Text (Kant):
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01 | nicht Rüksicht nehmen; Nur eine Ausflucht blieb ihm übrig: er mußte | ||||||
02 | alles ableugnen und abschwören; dies ist dem Ungenannten, aber nie | ||||||
03 | in den Sinn gekommen, auch hat er nie gegen Iemand anders so | ||||||
04 | etwas geäußert. Wenn ich mich also genau in die damahlige Lage | ||||||
05 | des Ungenannten hineindenke, so hat er, durch dieses Bekenntniß in | ||||||
06 | dem Individuo H. blos suchen die Überzeugung zu bewürken, daß die | ||||||
07 | Person, eine fälschliche Aussage von ihm thue. Hätte aber der Ungenannte | ||||||
08 | irgend vermuthet, durch dieses Bekenntniß ein Geständni | ||||||
09 | eines unmoralischen Grundsazzes zu thun, so läßt sich dies mit seinem | ||||||
10 | übrigen Betragen nicht zusammenreimen, da er so besorgt war, da | ||||||
11 | diese Sache möchte verschwiegen bleiben und ihm keine üble Nachrede | ||||||
12 | verursachen, und daher sich auch gleich vorher dazu verstand die Person | ||||||
13 | mit Gelde zu befriedigen. Wenn aber jemand so sehr um Verschwiegenheit | ||||||
14 | bei einer gewißen Sache zu thun ist, und er sich in derselben | ||||||
15 | einem Andern vertraut, sich aber gegen denselben dabei offenbar als | ||||||
16 | einen schlechten Menschen charakterisiret, darf er da wohl hoffen, da | ||||||
17 | der Andre ihm die Achtung beweisen, und seines Nahmens schonen wird? | ||||||
18 | (:ob HE H. dies bei dem Ungenannten in der Folge gethan, oder | ||||||
19 | nicht, weiß ich nun nicht:) Überhaupt war der Inhalt von dem Briefe | ||||||
20 | des Ungenannten an HE H. nicht so, daß er ein ausgeartetes Herz | ||||||
21 | verrathen können: Es muß Iemand kein Herz mitbringen, wenn | ||||||
22 | er nach Lesung deßelben, fähig seyn kann, dem Verfaßer deßelben, ein | ||||||
23 | ausgeartetes Herz zuzuschreiben. Doch genug hierüber. | ||||||
24 | Der Ungenannte soll ferner darin unmoralisch gehandelt haben, | ||||||
25 | daß er die bewußte Person Lügen gestraft, da doch nunmehr, durch | ||||||
26 | die Ähnlichkeit des Kindes mit dem Ungenannten, der so viel Auszeichnendes | ||||||
27 | an sich habe, die Warheit ihrer Aussage bestättigt | ||||||
28 | werde. Hat der Ungenannte der Person hierin zu viel gethan, so bittet | ||||||
29 | er sie deswegen in seinem Herzen recht feierlich um Verzeihung; allein, | ||||||
30 | wenn er es gethan, so kann ich aufs Gewißeste versichern, daß der Ungenannte | ||||||
31 | die höchsten Gründe der Warscheinlichkeit vor sich gehabt, durch | ||||||
32 | dieselben seinen Verdacht zu rechtfertigen: Der Ungenannte hatte erstlich | ||||||
33 | eine Erfahrung für sich die in Königsberg allgemein bekannt ist, | ||||||
34 | daß in K. sehr vieles lüderliches WeibsVolk ist, die fremde Nahmen | ||||||
35 | mißbrauchen: Ich kenne einen angesehenen Kaufmann in K-gb-g, | ||||||
36 | den binnen Zeit von einem Iahre sieben Frauenspersonen angegangen | ||||||
37 | sind, er habe sie in die Umstände der Schwangerschaft versezt; er hat | ||||||
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