Kant: AA X, Briefwechsel 1780 - 1781 , Seite 264

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 Menschen besinnen können der länger als vor zehn Iahren das Glük      
  02 hatte Ihr Schüler zu seyn. Allein so gewiß es ist daß sehr viele      
  03 durch bekant gewordene und leuchtende Verdienste Ihnen mehr Ehre      
  04 gemacht haben als ich, der ich nur in einem ganz kleinen Creise geschäftig      
  05 seyn kann, so ist es mir doch wenigstens gewiß daß es weder      
  06 Einbildung noch blos fades Compliment ist, wenn ich sage daß keiner      
  07 Sie mit stärkern Empfindungen der Hochachtung, die mit jedem Tage      
  08 wächst je länger ich in dem Felde der Warheit mein Pläzchen bearbeite,      
  09 verehret als ich. Ihnen allein habe ich die aufrichtigste Charte      
  10 von dem so verwachsenem Gefilde der Philosophie zu danken und es      
  11 bestätigt mir jezt meine tägliche Erfahrung das, was mir Sulzer      
  12 sagte, als ich bey meiner Zurükkunft in Berlin meinen Unwillen darüber      
  13 aeußerte, daß ich Theologie hatte in Königsberg studieren müßen      
  14 "Danken Sie Gott dafür,! was sie an Theologischen Reichtümern verloren      
  15 haben, haben sie dadurch gewinnen können, daß sie einen Kant      
  16 "genüzt haben. Das wird ihnen auch dereinst in der Theologie      
  17 "viel helfen."      
           
  18 Schon lange hätte ich Ihnen meinen innigsten Dank schriftlich      
  19 ausgedrükt; aber eine geheime Furcht Ihnen lästig zu werden hat mich      
  20 bisher davon abgehalten. Da mich aber heute ein guter Freund gebeten      
  21 ihm eine addresse an Sie zu geben so habe ich mein Furcht überwunden      
  22 und ihm diesen Brief mitgegeben - Ich weiß daß ich nicht      
  23 der bin deßen Empfehlungen sonderliches Gewicht hätten. Das habe ich      
  24 ihm auch gesagt. Aber bitten kann ich doch daß Sie ihm die Freude      
  25 machen mit ihm ein Viertelstündchen zu sprechen.      
           
  26 Er ist ein geschikter junger Mann, deßen sonderbare Schiksaale ihm      
  27 nun ein unerwartetes Glük als Hofmeister nach Liefland gebracht      
  28 haben. Er heisst Wolmer.      
           
  29 Um mich Ihnen etwas kenntlicher zu machen will ich nur noch      
  30 zum Schlusse sagen, daß ich ein Vetter von der Hoyerschen Famille bin.      
           
  31 Ich habe die Ehre mit der unveränderlichsten Hochachtung zu      
  32 bleiben      
           
  33   Ihr      
  34 Berlin ergebenster Frd u. Diener      
  35 am 18. Jan I E Lüdeke      
  36 1781 Prediger an der Petri      
  37   Kirche      
           
           
           
     

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