Kant: AA X, Briefwechsel 1778 , Seite 230 |
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Text (Kant):
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01 | Erstlich aber, so bin ich vor itzt noch mit dringender Arbeit von ganz | ||||||
02 | anderer Art beschäftigt. und könte schwerlich eher, als gegen Ende des | ||||||
03 | Sommers, daran gehen Zweytens müßte es, meinem Ermessen nach, | ||||||
04 | wohl ein abgesondertes Werk seyn und könte schwerlich einen Theil | ||||||
05 | von einer durch andre zu bearbeitenden Naturgeschichte werden, weil | ||||||
06 | alsdenn meine Aussichten sehr müßten erweitert und das Spiel der | ||||||
07 | Racen bey den Thier= und Pflanzen Gattungen ausführlich betrachtet | ||||||
08 | werden, welches mich zu sehr beschäftigen und in neue ausgebreitete | ||||||
09 | Belesenheit verflechten würde, die doch gewissermaßen außer meinem | ||||||
10 | Felde liegt, weil die Naturgeschichte nicht mein Studium, sondern nur | ||||||
11 | mein Spiel ist und meine vornehmste Absicht, die ich mit derselben | ||||||
12 | habe, darauf gerichtet ist, die Kentnis der Menschheit auch vermittelst | ||||||
13 | ihrer zu berichtigen und zu erweitern. | ||||||
14 | Es wird mir iederzeit angenehm seyn, in des Herrn D: Oehme | ||||||
15 | Bekantschaft und gelehrte Gemeinschaft zu gelangen. Etwas könte | ||||||
16 | ich auch wohl zu einem allgemeinen Theil der Naturgeschichte beytragen, | ||||||
17 | nämlich mehr durch Ideen, als deren ausführliche Anwendung. | ||||||
18 | Allein eine nähere Erklärung der Absicht, die derselbe tragen mag, | ||||||
19 | wird wird meine Entschließung hierüber bestimmen. Ich habe die | ||||||
20 | Ehre mit vollkommener Hochachtung iederzeit zu seyn | ||||||
21 | Ew: Hochedl: | ||||||
22 | ganz ergebenster Diener | ||||||
23 | I Kant | ||||||
134. | |||||||
25 | An Marcus Herz. | ||||||
26 | Anfang April 1778. | ||||||
27 | Auserlesener und unschätzbarer Freund | ||||||
28 | Briefe von der Art, als ich sie von Ihnen bekomme, versetzen | ||||||
29 | mich in eine Empfindung, die, nach meinem Geschmak, das Leben | ||||||
30 | inniglich versüßt und gewissermaßen ein Vorschmak eines andern zu | ||||||
31 | seyn scheint; wenn ich in Ihrer redlichen und dankbaren Seele den | ||||||
32 | tröstenden Beweis, der nicht ganz fehlschlagenden Hofnung zu lesen | ||||||
33 | vermeyne, daß mein akademisches Leben in Ansehung des Hauptzweks | ||||||
34 | den ich iederzeit vor Augen habe nicht fruchtlos verstreichen werde, | ||||||
35 | nämlich gute und auf Grundsätze errichtete Gesinnungen zu verbreiten, | ||||||
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