Kant: AA X, Briefwechsel 1770 , Seite 105

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  02 Gelehrten waren. Die Bremische Beyträge, worinn die dermaligen      
  03 Originaldichter Gellert, Rabener, Klopstock etc. ihre Versuche bekannt      
  04 machten und sich gleichsam bildeten, können ein zweytes Beyspiel seyn.      
  05 Das bloß philosophische scheint mehrere Schwürigkeiten zu haben.      
  06 Es würde aber freylich auf eine gute Wahl der Mitglieder ankommen.      
  07 Die Schriften müßten von allem heretischen und allzueigensinnigen      
  08 oder allzuunerheblichen frey bleiben.      
           
  09 Inzwischen habe ich einige Abhandlungen, die ich zu einer solchen      
  10 Sammlung hätte wiedmen können, theils in die Acta eruditorum      
  11 gegeben, theils hier bey der Academie vorgelesen, theils auch zu solchen      
  12 Abhandlungen gehörigen Gedanken bey andern Veranlassungen bekannt      
  13 gemacht.      
           
  14 Ich wende mich aber nun zu Dero vortreflichen Abhandlung, da      
  15 Euer HochEdelgeb. besonders darüber meine Gedanken zu wißen      
  16 wünschen. Wenn ich die Sache recht verstanden habe, so ligen dabey      
  17 einige Sätze zum Grunde, die ich so kurz als möglich hier auszeichnen      
  18 werde.      
           
  19 Der erste Hauptsatz ist: daß die Menschliche Erkenntnis, so      
  20 fern sie theils Erkenntnis ist, theils eine ihr eigene Form hat,      
  21 sich in der Alten Phaenomenon und Noumenon zerfälle, und nach      
  22 dieser Eintheilung aus zwo ganz verschiedenen und so zu sagen      
  23 heterogenen Quellen entspringe, so daß was aus der eine[n] Quelle      
  24 kömmt niemals aus der andern hergeleitet werden kann. Die von den      
  25 Sinnen herrührende Erkenntnis ist und bleibt also sinnlich, so wie die      
  26 vom Verstande herrührende demselben eigen bleibt.      
           
  27 Bey diesem Satze ist es meines Erachtens fürnehmlich um die      
  28 Allgemeinheit zu thun, wiefern nemlich diese beyden Erkenntnisarten      
  29 so durchaus Separirt sind, daß sie nirgends zusammentreffen.      
  30 Soll dieses a priori bewiesen werden, so muß es aus der Natur      
  31 der Sinnen und des Verstandes geschehen. Dafern wir aber diese      
  32 a posteriori erst müßen kennen lernen, so wird die Sache auf die      
  33 Classification und Vorzählung der Obiecte ankommen.      
           
  34 Dieses scheint auch der Weg zu seyn, den Euer HochEdelgeb.      
  35 in dem 3ten Abschnitte genommen. In dieser Absicht scheint es mir      
  36 ganz richtig zu seyn, daß was an Zeit und Ort gebunden ist,      
  37 Wahrheiten von ganz anderer Art darbietet, als diejenige sind, die      
           
     

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