Kant: AA X, Briefwechsel 1770 , Seite 101

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 aber er wird sich nur kurz faßen, er glaubt subtiliteten laßen sich      
  02 durch correspondence nicht schlichten. Ich bin eben beschäftigt ihm      
  03 einen kleinen Aufsatz zu machen, worin ich ihm die Falschheit des Beweises      
  04 vom Daseyn Gottes apriori zeigen will, Er ist für diesen Beweis      
  05 sehr eingenommen, was wunder, er wird ja von Baumgarten angenommen.      
  06      
           
  07 In kurzem wird heraus kommen von HE. Mendelsohn, Freindschafftl.      
  08 Briefe, sein Phädon, worin das dritte Gespräch sehr geändert ist;      
  09 seine philosophische Schrifften mit einem Anhange, in welchen er von der      
  10 Materie handeln wird, die der HE. Profeßor einst bearbeitet,      
  11 nehmlich von dem Widerstreit der Realiteten unter ein ander , u.      
  12 endlich 15 Psalmen in deutsche Versen übersetzt. So bald dieses zu      
  13 haben ist, so überschicke ich es Ihnen.      
           
  14 In übrigen hat mich der HE. Mendelsohn sehr gut aufgenommen,      
  15 und ich wünsche, daß ich wirklich das wäre wofür er mich hält.      
           
  16 Bey den übrigen Gelehrten u. beym Minister bin ich noch nicht      
  17 gewesen, weil ich die Briefe noch nicht habe. Sie waren so gut u. sie      
  18 mit künftige Post versprochen, ich erwarte sie mit Ungeduld.      
           
  19 Mißvergnügt bin ich, daß Sie theurster Lehrer sich unpäßlich      
  20 befinden, ist es den gar nicht möglich, daß Sie sich die Last ihrer      
  21 collegien verringern können? wenn Sie nun die Helfte Nachmittag      
  22 leseten oder überhaubt nicht mit so vieler Anstrengung vortrügen?      
  23 Denn diese allein u. nicht das Sitzen scheint mir die Ursache Ihrer      
  24 Schwäche zu seyn. Es giebt ja Lehrer in Königsberg die von      
  25 Morgen bis Abend sitzen u. ihr Mund bewegen, ohne daß sie jemals      
  26 über ihre Leibesbeschaffenheit zu klagen haben. Wenn Sie für gut befinden,      
  27 daß ich hiesige Aerzte consultire, so belieben Sie so gut zu      
  28 seyn, u. schreiben mir umständlich den ganzen Zustand ihres Körpers,      
  29 wie glücklich möchte ich mich schätzen, wenn ich auch nur das kleinste      
  30 Werkzeug zu Ihrem Wolbefinden seyn konnte!      
           
  31 Ich habe Sie dies mal mit einem sehr großen Brief belästigt,      
  32 verzeihen Sie, daß ich Ihre Erlaubniß mißbrauche, es ist eine      
  33 Wollustige Stunde für mich, die ich mit Ihnen zu bringe, u.      
  34 wo ist der Sterbliche, der in solchen Empfindungen Maaß finden      
  35 kann?      
           
  36 fahren Sie fort mir Ihre Gewogenheit zu würdigen, u. seyn      
           
     

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