Kant: AA X, Briefwechsel 1759 , Seite 027

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 Meine Anerbietung war die Stelle des Kindes zu vertreten.      
  02 Sie sollten mich daher ausfragen: wie weit ich gekommen? wie und      
  03 was ich wüste? und Ihr Gebäude darnach einrichten? Sie setzen      
  04 aber schon zum voraus, daß das Kindereyen sind, was ich gelernt.      
  05 Dies ist gegen alle Menschenliebe eines Lehrers, der sich auch den      
  06 schlechtesten Grund bey seinem Schüler gefallen läßt, und ihn durch      
  07 das, was er schon weiß, und wodurch er ihn überführt, daß er es      
  08 schon weiß, aufmuntert mehr und weiter und beßer zu lernen. Sapienti      
  09 sat. Wißen Sie jetzt, warum die Iesuiten so gute Schulmeister und      
  10 feine Staatsleute sind?      
           
  11 (Beilage.)      
  12 Soll ich nicht brennen, wenn jemand an mir geärgert wird?      
  13 Und worann dann? An meinen Stoltz. Ich sage Ihnen, Sie müßen      
  14 diesen Stoltz fühlen, oder wenigstens nachahmen, ja übertreffen können;      
  15 oder auch meine Demuth zum Muster wählen, und die Lust der Autorschaft      
  16 verleugnen. Oder beweisen Sie mir, daß Ihre Eitelkeit beßer      
  17 ist als der Stoltz, der Sie ärgert, und die Demuth, die Sie verachten.      
           
  18 Es ist ein Zug des Stoltzes an Cäsar, meines Wißens, daß er      
  19 sich nicht eher zufrieden gab, biß er alles gethan hatte, und nichts      
  20 übrig blieb. Wo andere zu schwach sind, Hinderniße zu machen, wirft      
  21 er sich selbst Alpen im Wege, um seine Gedult, seinen Muth, seine      
  22 Größe zu zeigen. Ehre ist ihm lieber als Leben. Ein kluger Geist      
  23 denkt nicht so, und handelt ganz anders; viel weniger ein weiser Mann.      
           
  24 Wenn Sie sich schämen, oder vielleicht unvermögend sind      
  25 stoltz zu seyn: so laßen Sie Ihre Feder schlafen, wenigstens zu dem      
  26 Werck, woran ich Antheil nehmen soll. In diesem Fall ist es über      
  27 Ihren Gesichtskreys, und Ihren Schultern überlegen.      
           
  28 Fürchten Sie sich nicht für Ihren Stoltz. Er wird genung gedemüthigt      
  29 werden in der Ausführung des Werkes. Wie würden Sie      
  30 aber ohne diese Leidenschaft die Mühe und Gefahr Ihres Weges      
  31 überstehen können?      
           
  32 Es gehört Stoltz zum beten; es gehört Stoltz zum arbeiten.      
  33 Ein eitler Mensch kann weder eins noch das andere; oder sein Beten      
  34 und Arbeiten ist Betrug und Gaukeley. Er schämt sich zu graben      
  35 und zu betteln; oder er wird ein betender Battologist und polypragmatischer      
  36 Faulenzer. Alembert und Diderot haben dem Nahmen ihrer      
           
     

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